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X. Weltfamilientreffen: Die Freude der Liebe

Das X. Weltfamilientreffen war geprägt von dem Wunsch, den Schatz der christlichen Ehe und Familie mit der Welt zu teilen.
Familie auf dem Petersplatz
Foto: Cristian Gennari (Romano Siciliani) | Kein Gegensatz: Zölibat und Familie sind Berufung zur Liebe und Selbsthingabe.

Ein kongolesisches Paar, das durch die Untreue des Ehemanns fast zerbrochen war, die australischen Eltern, die drei Kinder verloren haben, die spanischen Großeltern, die auf die Bekehrung ihrer Tochter hoffen und dafür beten, eine kanadische Dame, die auch nach der Scheidung ihrem Eheversprechen treu bleibt, die Indonesierin, die aus Liebe zu ihrem Mann zunächst zum Islam konvertierte und nun gemeinsam mit ihrem Mann Stütze ihrer katholischen Gemeinde ist: Perfekte Familien ohne Schuld und Leid gibt es nicht. Und doch liegen in der christlichen Ehe die wunderbare Verheißung und Realität, dass Gott mitgeht und in allen Krisen zur Seite steht.

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Erneuerung der Familienpastoral

So lautet das Fazit des X. Weltfamilientreffens, das am Sonntag in Rom zu Ende gegangen ist. Wie selbstverständlich und freudig Paare anderer Länder über ihr Familienleben als Berufung und Weg zur Heiligkeit sprachen, konnte Teilnehmer aus Deutschland nur erstaunen.

2.000 Delegierte hatten sich aus rund 150 Ländern und allen Kontinenten aufgemacht, um gemeinsam mit dem Heiligen Vater über eine Erneuerung der Familienpastoral im Geist der Evangelisierung nachzudenken. Durch das kleine Format besaß die Veranstaltung mehr Kongress- als Festivalcharakter, was aber der Herzlichkeit und spürbaren italienischen Gastfreundschaft keinen Abbruch tat. Musik und spontane Tänze lockerten das straffe Programm des Pastoralkongresses auf.

Im Vorraum zur Audienzhalle bot sich immer die Möglichkeit, mit einem Espresso in der Hand mit Teilnehmern verschiedener Länder ins Gespräch zu kommen. Dabei ergaben sich auch überraschende Begegnungen. Marie gehört zu der französischen Delegation. Sie ist alleinstehend und setzt sich dafür ein, dass die stark anwachsende Gruppe der Singles in der kirchlichen Pastoral mehr Beachtung findet. „Singles sind Familien im Embyronenstadium und müssen in der Familienpastoral mitgedacht werden. Dazu gehört auch, wieder Mut zur Bindung und Familie zu machen“, so die junge Frau.

Gewöhnliches auf außergewöhnliche Weise tun

Im Mittelpunkt des Eröffnungsabends standen Zeugnisse von fünf Familien aus Italien, dem Kongo, der Ukraine und Marokko. In Gegenwart des Heiligen Vaters berichteten sie von ihren je eigenen Schwierigkeiten und dem Wirken Gottes in ihrem Familienleben. In seiner Ansprache nahm Papst Franziskus Bezug auf jede der Familien und ermutigte junge Menschen, sich für die Ehe zu entscheiden: „Man heiratet, weil man die Ehe auf der Liebe Christi gründen will, die felsenfest ist.

In der Ehe schenkt Christus sich euch, damit ihr die Kraft habt, euch einander zu schenken. Also nur Mut, das Familienleben ist keine unmögliche Aufgabe! Mit der Gnade des Sakraments macht Gott es zu einer wunderbaren Reise, die wir gemeinsam mit ihm gehen, niemals allein. Die Familie ist kein schönes, in der Wirklichkeit unerreichbares Ideal. Gott garantiert seine Gegenwart in Ehe und Familie, nicht nur am Tag der Hochzeit, sondern das ganze Leben lang.“

Leben gegeben 

Die Eltern der Dienerin Gottes Chiara Corbella Petrillo erzählen die Geschichte ihrer Tochter, die sich im Einvernehmen mit ihrem Mann gegen eine Krebsbehandlung entschieden hatte, um ihr ungeborenes Kind zu retten. „Die Kinder ins Paradies begleiten und sie gehen lassen“, fasst ihre Mutter Maria Anselma die Aufgabe christlicher Eltern zusammen. „In das Herz von Chiara hat auch die Wahrheit des Kreuzes als Selbsthingabe Eingang gefunden: ein Leben, das sie ihrer Familie, der Kirche und der ganzen Welt geschenkt hat“, ehrte der Heilige Vater die 2012 kurz nach der Geburt ihres Sohnes gestorbene junge Mutter, deren Seligsprechungsprozess 2018 begonnen hat: „Möge Chiara uns auf unserem Weg der Heiligkeit inspirieren, und möge der Herr die Familien in jedem Kreuz, das sie zu tragen haben, stützen und Frucht bringen lassen.“

Im Laufe des Abends stellt Francesco, ein Enkel des seligen Ehepaars Luigi und Maria Beltrame Quattrocchi, die Reliquien seiner Großeltern vor, die während des gesamten Weltfamilientreffens in der Audienzhalle präsent waren. Auch das gehört zu dem Besonderen der Veranstaltung: Hier begegnet man Verwandten von Heiligen! Hier erfährt man aus nächster Nähe, dass Heiligkeit nicht fern und nur für die Besten erreichbar ist, sondern dass sie oft darin besteht, die „gewöhnlichen Dinge auf außergewöhnliche Art und Weise zu tun“, wie Francesco über seine Großeltern berichtet.

Christliche Ehe als Fundament für ein erfülltes Leben

Die Stärke des zweieinhalbtägigen Pastoralkongresses lag in den Lebenszeugnissen von Ehepaaren und Familien aus aller Welt, die zeigten: Christliche Ehe und Familie sind kein fernes Ideal, sondern das Schönste, das dem Menschen passieren kann und ein tragfähiges Fundament auch durch Krisen hindurch. Eine Teilnehmerin aus Deutschland regt das zum Nachdenken an: „Das ist für mich schon eine besondere Erfahrung. In Deutschland haben wir tatsächlich einen anderen Zugang zur Ehelehre, wir hinterfragen Dinge stärker.“ Das sei aber offensichtlich nicht unbedingt zielführender, wie sie hinzufügt.

 

 

Ehekatechese 

Ehevorbereitung und Ehebegleitung, das sind die Stichwörter, die sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung ziehen. Gabriella Gambino, Untersekretärin des Dikasteriums für Laien, Familie und Leben stellte gemeinsam mit ihrem Mann die neuen Leitlinien des Vatikans für das Ehekatechumenat vor. Besonderen Wert legt der Text auf eine intensive Begleitung der Paare auf dem Weg zur Ehe, sowie in den ersten Ehejahren. Das bestätigten auch Eduardo y Mónica González Soriano aus Spanien, die in ihrem Bistum das Programm „Family Rock“ begleiten.

Dort bilden sich Gruppen von jungen Ehepaaren, die von einem Priester und einem erfahrenen Ehepaar begleitet werden. Das Programm besteht aus einer Kombination gemeinsamer Aktivitäten zu Austausch und Weiterbildung sowie persönlicher Begleitung, denn „jede Ehe ist anders“, erklärt das Paar, das selbst zu Beginn seiner Ehe Schwierigkeiten meistern musste. Stephen and Sandra Conway aus Südafrika präsentieren das Programm „Retrouvaille“, das weltweit Ehepaaren in der Krise beisteht. Auch sie erzählen ihre persönliche Geschichte, die durch eine lange Phase der Entfremdung geprägt war, bevor sie ihre Liebe durch „Retrouvaille“ neu entdeckten.

Weltkirchliche Impulse für die Familienpastoral

Auf dem Programm standen zahlreiche weitere Aspekte des Familienlebens, die jeweils durch selbst betroffene oder in der Familienpastoral tätige Personen vorgestellt wurden. Dazu gehörten Mutter- und Vaterschaft, die Rolle der Großeltern in der Glaubensvermittlung, Sexualerziehung, die Annahme älterer Menschen und behinderter Kinder in der Familie. Das religiöse Leben in der Familie stand etwa in den Vorträgen zur Hauskirche, zur geistlichen Unterscheidung im chaotischen Familienleben und zur Evangelisierung in den sozialen Medien im Mittelpunkt.

Ein besonderes Highlight bestand in dem Besuch römischer Pfarreien. „Hier konnten wir sehen, wie manche der vorgestellten Ideen in den Gemeinden konkret umgesetzt werden“, freut sich Günther Mayrhofer, der mit seiner Frau Patricia zu der österreichischen Delegation gehört. „In der Pfarrei, die wir besucht haben, wird viel Wert darauf gelegt, Neuankömmlinge zu begrüßen und in das Gemeindeleben einzuführen.

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Leidenschaft für das Leben

Es gibt auch Familienkreise mit etwa gleichaltrigen Kindern, die sich regelmäßig zum Austausch treffen und sich gegenseitig in alltäglichen Dingen und Glaubensfragen begleiten“, so der dreifache Vater. „Hier war der persönliche Austausch mit Paaren aus anderen Ländern möglich, der bei dem vollen Programm des Pastoralkongresses etwas zu kurz kam“, findet seine Frau Patricia.

In seiner Predigt der Abschlussmesse auf dem Petersplatz am Samstagabend rief der Papst Eltern dazu auf, ihren Kindern bei der Entdeckung ihrer Berufung zu helfen: „Ihr sollt eure Kinder nicht vor jeder Art von Schwierigkeiten und Leiden bewahren, sondern versuchen, ihnen die Leidenschaft für das Leben zu vermitteln, in ihnen den Wunsch zu wecken, ihre Berufung zu finden und den großen Auftrag anzunehmen, den Gott für sie vorgesehen hat.“ In Anlehnung an die Lesung aus dem Brief des heiligen Apostels Paulus an die Galater erinnerte der Papst daran, dass die Freiheit in der Familie aus gegenseitigem Dienst bestehe: „Die Freiheit, die Christus für uns um den Preis seines Blutes erkauft hat, ist ganz auf die Liebe ausgerichtet, damit wir – wie der Apostel damals sagte und auch uns heute sagt – einander in Liebe dienen.“

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