Die von der römischen Glaubenskongregation gestern veröffentlichte Note „über die Moralität des Gebrauchs einiger Anti-COVID-19-Impfstoffe“ enthält keine Überraschung. Der Grund: Das einige der Impfstoffkandidaten, die Menschen vor einem schweren Verlauf einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus schützen sollen, mit Hilfe von Zellen hergestellt werden, die aus dem Gewebe abgetriebener Kinder gewonnen wurden, ist auch kein neues Problem, sondern eines, dass die Herstellung von Impfstoffen seit Jahrzehnten begleitet und in der „Tagespost“ bereits mehrfach behandelt wurde.
Herstellung immer „sittlich verwerflich“ und „moralisch unannehmbar“
Ausführlich dargelegt und begründet findet sich die diesbezügliche Lehre der Kirche in der Instruktion „Dignitas personae – über einige Fragen der Bioethik“ der Kongregation für die Glaubenslehre vom 8. September 2008. Unter der Überschrift „Die Verwendung von menschlichem ,biologischen Material‘ unerlaubten Ursprungs“ wird das Problem dort auf vier Seiten eingehend behandelt (vgl. Ziffer 34f).
Zusammengefasst lässt sie sich wie folgt beschreiben. Die Gewinnung und Verwendung solcher Zellen stellt eine „cooperatio ad malum“ – eine Mitwirkung am Bösen dar, ist sittlich verwerflich und daher moralisch unannehmbar. Betroffen sind davon die Hersteller, also Wissenschaftler und Pharmaunternehmer, sowie Gesetzgeber und Zulassungsbehörden, die ein derartiges Vorgehen ermöglichen. Der Gebrauch von Medizinprodukten, die auf diese Weise hergestellt wurden, ist ebenfalls abzulehnen. Nämlich immer dann, wenn es ethisch akzeptable Alternativen gibt. Sind solche nicht erhältlich, dann – und nur dann – ist jedoch niemand moralisch verpflichtet, auf die Nutzung eines unethisch hergestellten Produktes zu verzichten, und sich oder seine Schutzbefohlenen dem Risiko einer schweren Erkrankung auszusetzen.
Trennscharfe Unterscheidungen
Die von der Kirche dabei vorgenommenen Unterscheidungen hinsichtlich des Grads der Mitwirkung und der damit einhergehenden unterschiedlichen Verantwortlichkeiten, überzeugen nicht jeden. Das ist schade, dürfte jedoch zumindest in vielen Fällen auch damit zusammenhängen, dass sich „Dignitas personae“ selbst in Kreisen von Lebensrechtlern keiner allzu hohen Bekanntheit erfreut. Auch das ist schade. Zeigt sich hier doch erneut, dass die Kirche keine Fabrik zur Konfektionierung von Verboten ist, die ihren Gläubigen rücksichtslos Lasten aufbürdete, sondern trennscharf – wie kaum jemand sonst – zwischen guten und schlechten Handlungen zu unterscheiden weiß und die dabei die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten jeweils angemessen zu berücksichtigen versteht.
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