Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kurzbesuch auf Korsika

Papst: Wie der Glaube wirksam wird

Die Volksfrömmigkeit offenbare die Anwesenheit Gottes „im Fleisch der Geschichte“, sagt Franziskus in Ajaccio.
Franziskus auf Korsika
Foto: IMAGO/Ettore Ferrari (www.imago-images.de) | Er meidet das französische Festland: Am heutigen Sonntag besucht Papst Franziskus einen Kongress für Volksfrömmigkeit auf Korsika.

Zum Abschluss eines Kongresses über Volksfrömmigkeit auf Korsika hat Papst Franziskus am Sonntag im Kongress- und Ausstellungspalast in der Hauptstadt Ajaccio dazu aufgerufen, sich wieder von der Schönheit der religiösen Kultur der Völker des Mittelmeerraums ergreifen und begeistern zu lassen: „Indem sie den Glauben mit einfachen Gesten und symbolischen Sprachformen zum Ausdruck bringt, die in der Kultur des Volkes verwurzelt sind, offenbart die Volksfrömmigkeit die Gegenwart Gottes im lebendigen Fleisch der Geschichte.“

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Franziskus nahm dabei ausdrücklich Bezug auf den Mittelmeerraum, auf „die Zivilisationen des Mare nostrum“: „Die Gebiete, die am Mittelmeer liegen, sind in die Geschichte eingegangen und sie sind die Wiege zahlreicher Zivilisationen gewesen, die einen beachtlichen Entwicklungsgrad erreicht haben. Denken wir insbesondere an die griechisch-römische und die jüdisch-christliche Zivilisation, die von der kulturellen, religiösen und historischen Bedeutung dieses großen ,Sees’ in der Mitte dreier Kontinente zeugen, dieses einzigartigen Meeres, das das Mittelmeer ist.“

Notwendigkeit der Unterscheidung

Der Papst legte aber Wert darauf, dass die konkreten Formen der Volksfrömmigkeit auch einer „sorgsamen theologischen und pastoralen Unterscheidung“ bedürften. Es bestehe nämlich die Gefahr, „dass sich die Erscheinungsformen der Volksfrömmigkeit auf äußerliche oder folkloristische Aspekte beschränken, ohne zu einer Begegnung mit Christus zu führen, oder dass sie von Schicksalsgläubigkeit oder Aberglaube und deren Aspekten kontaminiert werden“.

Ein anderes Risiko bestehe darin, so Franziskus, dass die Volksfrömmigkeit von Gruppierungen genutzt und instrumentalisiert würde, „die ihre eigene Identität auf polemische Weise stärken wollen, indem sie Partikularismen, Entgegensetzung und ausgrenzende Haltungen fördern“. All dies entspreche nicht dem christlichen Geist der Volksfrömmigkeit und verlange vor allem von den Seelsorgern „Wachsamkeit, Unterscheidung und die Förderung einer kontinuierlichen Aufmerksamkeit für die volkstümlichen Formen des religiösen Lebens“. 

„Konstruktive Bürgerschaft“

Franziskus erinnerte daran, dass aus dem gelebten Glauben des christlichen Volkes viele Werke entstanden seien, die durchaus auch säkulären Charakter hätten: „Der Glaube bleibt keine private Angelegenheit, die sich im Heiligtum des Gewissens erschöpft, sondern er geht – wenn er sich selbst ganz treu sein will – mit einem Engagement und einem öffentlichen Zeugnis einher: für menschliches Wachstum, sozialen Fortschritt und Sorge für die Schöpfung, im Zeichen der Liebe. Gerade deshalb sind aus dem christlichen Glaubensbekenntnis und dem durch das Evangelium und die Sakramente belebten Glaubensleben im Laufe der Jahrhunderte zahllose Hilfswerke und Einrichtungen entstanden, wie Krankenhäuser, Schulen, Pflegezentren – in Frankreich sind es viele! –, in denen sich die Gläubigen für die Bedürftigen eingesetzt und zum Wachstum des Gemeinwohls beigetragen haben.“

Der Papst sprach in diesem Zusammenhang von einer „konstruktiven Bürgerschaft“ der Christen: Volksfrömmigkeit, Prozessionen und Bittgänge, karitative Aktivitäten von Bruderschaften, das gemeinsame Gebet des Rosenkranzes und andere Frömmigkeitsformen könnten diese „konstruktive Bürgerschaft“ der Christen nähren. Mit dieser Entschlossenheit, das Gute zu tun, befinde man sich auf einem gemeinsamen Weg auch mit den säkularen Institutionen, zivilen wie politischen, um sich gemeinsam im Dienste aller, angefangen bei den Letzten, für ein ganzheitliches menschliches Wachstum einzusetzen. Das erfordere ein Konzept von Säkularität, das nicht statisch und steif, sondern entwicklungsfähig und dynamisch sei. 

Benedikt XVI. und die „gesunde Säkularität“

Der Papst zitierte dabei seinen Vorgänger: Wie Benedikt XVI. erklärt habe, meinte Franziskus, bedeute eine gesunde Säkularität, „den Glauben von der Last der Politik zu befreien und die Politik durch die Beiträge des Glaubens zu bereichern. Dabei sind der nötige Abstand, die klare Unterscheidung und die unentbehrliche Zusammenarbeit zwischen beiden zu wahren... Eine solche gesunde Laizität garantiert der Politik zu handeln, ohne die Religion für ihre Zwecke zu instrumentalisieren, und der Religion, frei zu leben, ohne sich mit der politischen Wirklichkeit zu belasten, die von Interessen geleitet ist und sich manchmal mit dem Glauben nur schwer oder sogar überhaupt nicht vereinbaren lässt. Das ist der Grund, warum die gesunde Laizität (Einheit in der Unterscheidung) für beide Teile nötig und sogar unverzichtbar ist.“ (Apostolisches Schreiben Ecclesia in Medio Oriente, 29) (DT/gho) 

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