Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Generalversammlung zur Geburtenrate

Papst Franziskus kritisiert familienfeindliche Kultur

Im heutigen gesellschaftlichen Klima sei die Gründung einer Familie „zu einer gigantischen Anstrengung“ geworden, so der Papst.
Papst Franziskus ist aufgrund niedriger Geburtenzahlen in „große Sorge um die Zukunft“
Foto: Andrew Medichini (AP) | Die heutige Kultur sei „eine familienfeindliche Kultur“, die sich auf die Bedürfnisse des Einzelnen konzentriere, in der aber von den Rechten der Familie gar keine Rede sei, bemängelt der Papst.

Papst Franziskus ist aufgrund niedriger Geburtenzahlen in „große Sorge um die Zukunft“. Im Rahmen der „Generalversammlung zur Geburtenrate“, die Ende vergangener Woche zum dritten Mal in der Nähe des Vatikans stattfand, beklagte der Papst, dass die Geburt und das Aufziehen von Kindern als alleinige Last der Familien angesehen würden. Dies präge das Denken der jüngeren Generationen, die „in Ungewissheit, wenn nicht gar in Desillusionierung und Angst aufwachsen.“ Im heutigen gesellschaftlichen Klima sei die Gründung einer Familie „zu einer gigantischen Anstrengung“ geworden, anstatt „ein gemeinsamer Wert zu sein, den alle anerkennen und unterstützen.“

Zukunft heute besonders ungewiss

Gezwungen zu sein, „sich ausschließlich auf die eigene Kraft zu verlassen“, sei gefährlich. Die Aushöhlung des Gemeinschaftslebens zusammen „mit einer einsamen Existenz, in der jeder allein zurechtkommen muss“, habe zur Folge, dass sich nur die Wohlhabenden dank ihrer Ressourcen mehr Freiheit bei der Wahl der Lebensgestaltung leisten können. Das sei nicht nur ungerecht, sondern auch erniedrigend.

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Heute sei die Zukunft besonders ungewiss: „Tatsächlich erhöht die Geschwindigkeit um uns herum die Zerbrechlichkeit, die wir in uns tragen.“ Bei den jüngeren Generationen verursachten Ungewissheit und Zerbrechlichkeit ein Gefühl der Unsicherheit, „so dass das Morgen wie ein unüberwindbarer Berg erscheint.“  Dabei sei „Krise“ ein Schlüsselwort, aber aus der Krise komme nicht der Einzelne: „Entweder kommen wir alle heraus oder nicht“; und aus der Krise kämen wir nicht gleich heraus: „Wir kommen besser oder schlechter heraus.“ Die Schwierigkeit, Arbeit zu finden, einen Arbeitsplatz zu behalten und auch „die in die Höhe schießenden Mieten und die unzureichenden Löhne“ seien zwar reale Probleme.

Die heutige Kultur sei aber „eine familienfeindliche Kultur“, die sich auf die Bedürfnisse des Einzelnen konzentriere, in der aber von den Rechten der Familie gar keine Rede sei. Vor allem die Frauen gerieten unter Zwang: „Die am meisten Geschädigten sind gerade die jungen Frauen, die oft gezwungen sind, sich zwischen Karriere und Mutterschaft zu entscheiden, oder die von der Last erdrückt werden, sich um ihre Familien zu kümmern.“ Die Familie sei nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung.

Hoffnung als "konkrete Tugend"

In seiner Rede nannte Franziskus die Hoffnung „eine konkrete Tugend, eine Einstellung“, kein Optimismus, kein „vages positives Gefühl für die Zukunft“. Sie habe mit konkreten Entscheidungen zu tun. Die Hoffnung zu nähren bedeute, „die eigenen Fähigkeiten und Ressourcen in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen“. Die Hoffnung schaffe Veränderung und verbessere die Zukunft. In dem Zusammenhang zitierte er den französischen Schriftsteller Charles Péguy: Die Hoffnung sei „die kleinste aller Tugenden, aber sie ist diejenige, die uns am weitesten bringt!“

Die Konferenz zum „allgemeinen Zustand der Geburtenrate“ führt italienische Führungskräfte aus Politik, Wirtschaft und Organisationen, die über die demografische Krise Italiens nachdenken, zusammen. Veranstaltet wird sie von der „Stiftung für Geburten“ und dem „Forum der Familienvereinigungen“. Das italienische Ministerium für Familie, Geburt und Chancengleichheit unterstützt die Konferenz. Neben Papst Franziskus nahm auch Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni teil.

Italien hat eine der niedrigsten Geburtenraten in Europa: 1,25 Geburten pro Frau. Im Jahr 2022 erreichte die Zahl der Geburten in Italien einen historischen Tiefstand: Nur rund 393.000 Kinder wurden im Land geboren – im selben Jahr verzeichnete das Land 700.000 Sterbefälle. 

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