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Papst appelliert in Luxemburg an die Vernunft

Franziskus hat seine Reise nach Belgien und Luxemburg angetreten. Auf ihn warten säkulare Gesellschaften und das Erbe der Missbrauchskrise.
Franziskus am Flughafen
Foto: Medienhaus Brüssel | Freundlicher Empfang: der Papst wird von Weltjugendtags-Freiwilligen in Luxemburg begrüßt.

Gestern noch und auch heute Morgen hatte es beständig im ganzen Land geregnet, doch etwa eine Stunde vor seiner Ankunft hörte es auf: Ganz pünktlich wie angekündigt ist Papst Franziskus heute morgen um 10.00 Uhr mit einer Maschine der italienischen Fluggesellschaft ITA auf dem Flughafen Findel in Luxemburg gelandet. Begleitet wurde er nicht nur von Kardinal Robert Francis Prevost, dem Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe sowie dem Präfekten des Dikasteriums für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, Kardinal Marcello Semeraro, nebst engen Mitarbeitern und Sicherheitsbeamten. Er brachte auch einen Tross von 60 beim Vatikan akkreditierten Journalistinnen und Journalisten mit, die ihn fast überall hin und so auch nach Luxemburg und Belgien begleiten. Damit wächst das Pressecorps auf 500 Personen an, die vom European Convention Center auf dem Kirchberg aus über den erst zweiten Papstbesuch im Großherzogtum berichten. Vor 39 Jahren, 1985, war Johannes Paul II. der erste Papst überhaupt, der Luxemburg besuchte.

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Doch das kleine Land versteht sich auch auf großen Staatsempfang. „Herzlich willkommen in Luxemburg, europäische Hauptstadt“, so werden die Medien aus aller Welt hier ganz selbstbewusst begrüßt. Entsprechend bot das großherzogliche Protokoll dann auch alles auf, was zum Empfang eines Staatsoberhauptes, denn das ist der Papst ja auch, dazugehört. Hinter dem roten Teppich warteten das großherzogliche Paar, der christdemokratische Premierminister Luc Frieden, Kardinal Jean-Claude Hollerich und etwa einhundert 14-25jährige Freiwillige der Organisation der Weltjugendtage. Sie alle wollten den Heiligen Vater schon auf dem Flugfeld sehen und begrüßen. Er selbst wirkte aufgeräumt und gar nicht angeschlagen, die Strapazen seiner gerade erst absolvierten Ostasienreise, gefolgt von einer leichten Grippe, waren ihm nicht anzusehen. Nach dem Austausch von Freundlichkeiten und dem Abspielen der Nationalhymnen ging es im Papamobil, einem sehr bescheidenen Dacia Duster, aber begleitet von unzähligen Motorradpolizisten, zum Großherzoglichen Palast in der Innenstadt.

Zwischen Neugier und Begeisterung

Dort wurden protokollgemäß Gastgeschenke und Reden ausgetauscht. Der Papst bekam eine Gravur der Muttergottes aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, die in der Luxemburger Kathedrale Notre-Dame alljährlich im Oktober mit einer Oktave besonders verehrt wird. Aus dem Vatikan wurde dem Großherzogspaar Henri und Maria Teresa eine eigens angefertigte Bronzemedaille überreicht, die ebenfalls Maria im Zentrum zwischen der Kathedrale und der Brüsseler Koekelberg-Basilika zeigt, wo sich Franziskus am Samstagvormittag mit den belgischen Bischöfen und anderen Geistlichen treffen wird.

Belgien und Luxemburg galten lange als sehr katholische Länder, doch auch hier ist die Säkularisation wie in allen westlichen Gesellschaften längst vorangeschritten. Und doch waren die Straßen trotz des unbeständigen Wetters überall voller Menschen, die einen Blick auf den Pontifex erhaschen wollten. Ein typisches Bad in einer begeisterten Menge, wie man es auch aus Rom kennt: Kinder wurden hochgehalten, um gesegnet zu werden, von neugierigem Interesse bis zu offener Begeisterung schwankten die sonst eher zurückhaltenden Luxemburger.

Für Vernunft und geistige Werte

Den Problemfeldern der katholischen Kirche wie auch der Zivilgesellschaft kann der Papst vor allem in Belgien nicht entkommen. Insbesondere die Medien nehmen insbesondere Missbrauchsthemen immer wieder in den Fokus, und so wird er sich mit 15 belgischen betroffenen Opfern, sechs Männer und neun Frauen, treffen. Eine Begegnung, die jedoch in aller Diskretion und aus Gründen der Privatsphäre unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden wird.

Angesichts der weiteren gewaltigen und spannungsgeladenen Konfliktfelder in der Welt hat der Papst jedoch eine Botschaft mitgebracht. Leider müsse man feststellen, sagte Franziskus bei seiner Ankunft in Luxemburg, „dass auch auf dem europäischen Kontinent wieder Gräben und Feindschaften entstehen. Es scheine, „dass das menschliche Herz die Erinnerungen nicht immer bewahren kann, so dass es regelmäßig wieder in die Irre geht und auf die tragischen Pfade des Krieges zurückkehrt.“ Er appellierte an die Vernunft und an geistige Werte. Luxemburg könne allen zeigen, welche Vorteile der Frieden gegenüber den Schrecken des Krieges hat, welche Vorteile die Integration und Förderung von Migranten gegenüber ihrer Ausgrenzung habe, welchen Gewinn die Zusammenarbeit der Nationen darstellt im Gegensatz zu den schädlichen Folgen von verhärteten Positionen und der egoistischen und kurzsichtigen oder sogar gewaltsamen Verfolgung von Eigeninteressen. 

Für heute Nachmittag ist in der Kathedrale eine feierliche Zeremonie vorgesehen, bei der der Papst unter anderem eine Goldene Rose überreichen wird, eine Auszeichnung, die der Heilige Stuhl seit etwa 1000 Jahren verleiht, früher an Staatsoberhäupter, heute an Wallfahrtsorte und Marienheiligtümer. Und als solches ist Maria, die Trösterin der Betrübten, in der Liebfrauenkathedrale von Luxemburg jährlich immer noch Ziel von Tausenden Gläubigen, die Trost suchen in diesen Zeiten.

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