„Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, dann ist nötig, dass sich alles verändert.“ So der Neffe Tancredi, der sich den Aufständischen um Garibaldi angeschlossen hatte, zu seinem Onkel, Fürst Salina, in Giuseppe Tomasi di Lampedusas einzigem Roman „Der Leopard“. Dieser berühmt gewordene Satz kommt einem in den Sinn, wenn man an die Kurienreform von Franziskus denkt. Neun Jahre lang wusste man, dass sie kommt, schon vor ihrer Veröffentlichung war bekannt, dass der Papst die Kongregationen (Zusammenkünfte der Kardinäle) abschaffen und durch einfache Dikasterien (Behörden) ersetzen und ein neu zu schaffendes Dikasterium für Evangelisierung an deren Spitze setzen wollte. Am 19. März dieses Jahres erschien dann die entsprechende Konstitution, mit der die Kurienreform öffentlich wurde – unter dem Titel „Praedicate Evangelium“, „Verkündet die Frohe Botschaft“. Die Kernkompetenzen der Römischen Kurie hatte man bis dahin eigentlich anders umschrieben.
Es geschah erstmal nichts
Aber es geschah nichts, auch nicht zu Pfingsten, als die Kurienreform in Kraft trat und man sich einige personelle Klärungen erwartete: Der Papst selber leitet das von ihm errichtete Dikasterium für Evangelisierung, aber wer sind die beiden Pro-Präfekten? Wer wird Chef im neuen Dikasterium für Kultur und Bildung? Kardinal Gianfranco Ravasi, bisher Präsident des Kulturrats, wird bald achtzig Jahre alt und der Präfekt der alten Kongregation für das Bildungswesen, Kardinal Giuseppe Versaldi, ist auch schon 79.
Bei den anderen Dikasterien kann man sich vorstellen, wer an ihre Spitze tritt, auch wenn die Ernennungen bisher ausgeblieben sind. So dürfte etwa der frühere Almosenmeister Konrad Kardinal Krajewski Präfekt des neuen Dikasterium für den Dienst der Nächstenliebe werden. Oder heißt es auf Deutsch demnächst Dikasterium für die Caritas? Noch fehlt die deutsche Fassung von „Praedicate Evangelium“. In deutschen Landen muss man auf die Namen der Dikasterien weiter warten.
Die Kurie interessiert den Papst nicht sonderlich
Aber wie gesagt: Alles wurde verändert, doch die Dinge blieben, wie sie waren. Dass die Kurie den Papst nicht sonderlich interessiert, hat Franziskus immer wieder bewiesen. Auch als er ihr bei der Weihnachtsansprache 2014 fünfzehn Krankheiten attestierte. Damals formulierte er aus, was er bei seiner Grundsatzerklärung vor dem Konklave 2013 schon als Grundübel gegeißelt hatte: „Wenn die Kirche nicht aus sich herausgeht, um das Evangelium zu verkünden, wird sie selbstbezüglich und dann wird sie krank (...) Um es zu vereinfachen: Es gibt nur zwei Kirchenbilder: die Kirche, die das Evangelium verkündet und aus sich herausgeht, die Gottes Wort in religiöser Ergebenheit hört und treu verkündet, oder die verweltlichte Kirche, die in sich, von sich und für sich lebt.“ Die Kurienreform sollte dieses Diktum in Paragrafen und ein neues Regelwerk gießen. Von daher der Titel der Konstitution: „Verkündet das Evangelium“.
Doch Ende dieses Monats kommen zum ersten Mal seit 2014 (!) wieder alle Kardinäle zu einem ordentlichen Konsistorium nach Rom. Acht Jahre lang hat Franziskus die Kirche nicht synodal, sondern alleine geleitet, das heißt ohne „seine“ Kardinäle, die sich nun wieder mit ihm zusammensetzen. Franziskus will mit ihnen über die Kurienreform sprechen. Und das mitten im synodalen Weltprozess, dessen kontinentale Phase bald beginnt. Diesem geht es wie der Kurienreform: Alles redet von Veränderung, doch bisher blieb alles beim Alten.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.