Die Heiligsprechung meines Altersgenossen – des seligen Carlo Acutis – hat eine Freundin und mich in diesem besonderen Heiligen Jahr in die Ewige Stadt geführt – bis Ostermontag sollte die Reise dauern. Nun ist ist daraus ein Abschiednehmen von Papst Franziskus geworden. Die Touren in und durch Rom begannen am Donnerstag mit dem Erklimmen der „Scala Santa“ am Lateran. Gemeinsam mit vielen anderen Pilgern der Hoffnung trage ich meine Anliegen auf jeder Stufe mit: Gesundheit, Freude, der Wunsch nach einer Familie und nach Frieden – Frieden in mir und der Wunsch nach Gelassenheit angesichts dessen, was in der Zukunft ansteht.
In der Lateranbasilika, deren Heilige Pforte ich durchschreite, kommen in mir Erinnerungen an eine Ministrantenwallfahrt 2018 hoch, in der mehr als 2.500 junge Menschen mit Kardinal Rainer Maria Woelki eine heilige Messe gefeiert hatten. Nun steht der Kardinal vor der Aufgabe, einen Nachfolger für Papst Franziskus zu wählen – jemanden, der auch die Jugend zu führen weiß. Vorbei an der Kathedra und der Abbildung des „Cenacolo“, des Abendmahlssaals, passiere ich die gigantischen Statuen der Apostel, in Stein gemeißelte Erinnerung daran, in welcher Tradition wir als Katholiken stehen.
Der Bischofsstuhl Roms ist leer, deshalb mache ich mich auf den Weg hin zum Nachfolger Petri in den Petersdom – mit der Metro. Sofort atme ich wieder jene Mischung aus Feinstaub und fremden Parfüm, die hunderte Mitfahrer unterschiedlicher Muttersprache verströmen. Die Stadt Rom, die sowieso schon aus allen Nähten platzt, gerät nun zusätzlich mit Requiem und Begräbnis ihres Bischofs an ihre Grenzen – und ich bin mittendrin, Gott sei Dank!
Ein Moment tiefer Dankbarkeit
Die Vorsehung will, dass die Schlange vor dem Petersdom nicht allzu lang ist und ich nur rund zwanzig Minuten brauche, um von Papst Franziskus Abschied zu nehmen. Die Rufe „Avanti, avanti“, „no pictures, please“ schallen durch den Petersdom, der voll ist mit Pilgern und Gläubigen, die ihrem Papst die letzte Ehre erweisen. Einen Blick auf die letzte Ruhestätte der Vorgänger von Franziskus kann ich nicht werfen, aber ich weiß mich in ihrer Nähe.
Der Baldachin von Bernini erstrahlt nach seiner Reinigung im neuen alten Glanz und lässt in mir Ehrfurcht und Gänsehaut aufkommen. Wie schön ist es, hier über dem Grab des heiligen Petrus mit so vielen Pilgerinnen und Pilgern aus aller Welt zusammen zu sein. In diesem Moment spüre ich tiefe Dankbarkeit – auch schon im Hinblick auf das Requiem am Samstag.
Der Kardinal von nebenan
Der Hunger treibt, denn schließlich liegt das Frühstück eine gefühlte Ewigkeit zurück, und deshalb nichts wie hin in die nächstgelegene Trattoria – aber nicht, ohne vorher eine heilige Messe zu besuchen, in die ich mehr oder wenig hineingestolpert bin. Das Schlusslied zu der „Madonna nera”“ lässt mich, der ich das Lied aus dem polnischen Heiligtum in Tschenstochau kenne, schwelgen.
Dankbar für diesen Moment der Begegnung mit dem Heiland, sage ich nicht nein auf die Frage des Kellners in der Trattoria, ob ich gerne einen Vino Bianco hätte. Warum auch nicht? In der Osteroktav wird schließlich jeder Tag wie der Ostersonntag begangen. Als ob es das Normalste der Welt wäre, geht Kardinal Matteo Zuppi an unserem Tisch in ganz nahbarer Art und Weise vorbei – ein völlig ungeplanter Abschluss des ersten Tages in Rom, dem weitere nicht weniger lange Tage folgen.
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