Klöster kennen wir eigentlich nur von der Ferne. Der eine oder andere wird sicher schon in einem gewesen sein und sich an Kunst- und Kulturevents erfreut haben. Vielleicht hast du sogar schon die heilige Messe in der Klosterkirche mitgefeiert oder am Stundengebet teilgenommen. Was ich vergangenen Sommer erleben durfte, ist jedoch viel mehr als nur ein vorübergehender Besuch einer Gemeinschaft, in welcher die Nähe Gottes besonders gespürt werden kann.
Ich besuchte für fünf Tage das Stift Heiligenkreuz. Dieses Stift existiert seit 1133 und steht im idyllischen Wienerwald. Auch wenn sich die Anreise über Wien durch eine gewisse Komplexität auszeichnete, so machte die Abgeschiedenheit dies wieder wett. „Kloster auf Zeit“ gibt jungen Männern einen tiefen Einblick ins Klosterleben. Als ich pünktlich an der Pforte eintraf, empfing mich ein bayerischer Pater und fragte mich nach meinem Namen und was ich so alles machte. Als ich meine Erzählungen schloss, sagte er: „Und jetzt ruft dich der liebe Gott, Jonathan!“ Diese einfache Aussage brachte es auf den Punkt und ich fühlte mich sofort heimisch. Anschließend bekam ich die Gelegenheit, einige Tage in der Klausur zu wohnen und am Alltag der Zisterziensermönche teilzunehmen.
Highlight: Stundengebete
Alltag bedeutet, dass der Hahn sehr früh kräht. Schon um 5 Uhr 15 startete der Tag mit den Vigilien. Anschließend folgten Laudes und die Konventmesse. Nach ein paar Stunden im Gebet hatte ich die Möglichkeit, mich frei zu betätigen. Ich las in Büchern über den Glauben und durfte meinen „Schutzengel“ (ein Pater, der sich in dieser Zeit um dich kümmert) zu so mancher Messe begleiten. In dieser Zeit nahm ich an einer Messe von Missio Österreich teil. Um 12 Uhr folgten die Stundengebete Terz und Sext und anschließend auch die Non. Am Nachmittag betätigte ich mich meist im Kraftraum des Klosters. Hier können, unterstützt durch geistliche Motivationssprüche an der Wand, wie „Gott schätzt jeden Tropfen Schweiß, den du aus Liebe vergießt“, Gewichte gestemmt werden. Abkühlung und Ruhe genießt man im Garten der Klausur. Um 18 Uhr ruft die lateinische Vesper und anschließend gibt es eine Auszeit, in welcher die Mönche Zeit miteinander verbringen. Der Tag wird durch die Komplet und das Salve Regina geschlossen. Nach so einem ereignisreichen Tag wurde ich dringend in die Federn gerufen, denn am nächsten Tag läutete der Wecker bereits um 5 Uhr.
Warum lohnt es sich für junge Männer und Frauen, ähnliche Angebote anzunehmen und einmal ein Kloster in ihrer Nähe aufzusuchen? Auch wenn du keine Ambitionen bezüglich eines geistlichen Berufs hast, so bringt dich dieser Aufenthalt Gott sehr nahe. Verbunden mit einer Handysperre konnte ich in Ruhe, unterstützt durch das Stundengebet und mehrere heilige Messen, Gott ganz nahe sein. Gott steht im Kloster immer an erster Stelle und aus dem Gebet heraus können auch hier die alltäglichen und aufgetragenen Aufgaben geschultert werden. Fragt man mich nach den Highlights meines Aufenthalts, so würde ich die gesungenen Stundengebete nennen. Sie geben einem den täglichen Rhythmus vor. Auch waren die zahlreichen Gespräche mit den jungen Patres und Fratres besonders erlebnisreich. Ich durfte sogar den mittlerweile verstorbenen Altabt Gregor kennenlernen, der eine sehr inspirierende Persönlichkeit war. Am Ende ließ ich mich noch bei einem jungen Pater, der ebenfalls gerne den Kraftraum besuchte, in der Beichte von meinen Sünden freisprechen.
Dieses Jahr verbringe ich wieder fünf Tage in Heiligenkreuz und habe dabei auch meinen Bruder und einen guten Freund aus Kindestagen im Schlepptau. Ich kann es also nur weiterempfehlen: Such dir ein Kloster und verbringe Zeit ganz nahe beim Herrn!
Jonathan Prorok kommt aus Österreich und studiert Wirtschaftsrecht und Geschichte an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck.
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