Die wundertätige Medaille, erklärt auf einer Folie. Oder die Dreifaltigkeit, auch auf nur einer Seite zusammengefasst. Genauso die Eigenschaften Gottes, Informationen über den heiligen Josef, Erklärungen zum Sakrament der Eucharistie oder eine Liste aller Namen der Apostel mit den Orten, an denen sich ihre Reliquien befinden: Auf dem Instagram-Kanal „der.pater“ von Pater Martin aus Rom sind die einzelnen Posts voller Fakten. Es lohnt sich zu zoomen, um alles zu lesen – zumindest auf der Handyversion.
„Diese Poster zu machen, das habe ich mir von Amerikanern abgeschaut. Jeder kann sie auf meinen Kanälen abrufen, auch auf Italienisch, Englisch und teilweise Sorbisch“, sagt Pater Martin. Und sie werden ständig gebraucht: für Katechesen, Firmunterricht, Erstkommunionsvorbereitung oder für Aushänge in Schulen und Gemeinden. Auch dienen sie als Predigtvorlagen oder werden im Anschluss an die Predigt ausgeteilt. Ein süddeutscher Pfarrer hängt jedem seiner Monatsbriefe eines dieser Poster an. „Ich stelle sie kostenlos zur Verfügung, schließlich ist es Arbeit für das Reich Gottes. Wichtig ist mir einzig, dass mein Ordenskürzel ‚OMI‘ auf den Postern vermerkt ist“, sagt Pater Martin, der sich nicht wirklich als „Influencer“ bezeichnen möchte. Sein Orden, das sind die „Oblaten der Makellosen Jungfrau Maria“.
Nicht zu verwechseln mit „der Pate“
Außer auf Instagram ist „der Pater“ auf YouTube, Twitter, Facebook und Pinterest vertreten. Seinen Vornamen erwähnt er bewusst nicht, denn „hier geht es um den Herrn und seine Botschaft. ‚Der Pater‘ klingt fast so wie der Mafiafilm ‚Der Pate‘. Vielleicht landet jemand darüber aus Versehen bei mir, das wäre auch nicht schlecht“, erklärt der Priester.
Die Idee, „online zu gehen“, kam ihm während der Corona-Pandemie, denn „irgendetwas musste ich ja tun“, erinnert sich Pater Martin im Gespräch mit der „Tagespost“. Außerdem, so sagt er, sei er Missionar von seiner priesterlichen Berufung her. Erstmals arbeitete er mit den sozialen Netzwerken, als Jugendliche ihn für eine Online-Predigt in einer Pfarrei anfragten. „Da habe ich gemerkt, da ist Potential hinter, und da kann man etwas machen.“ Auch die berühmte jährliche Wallfahrt von Fulda nach Walldürn, an der er schon seit Jahrzehnten teilnahm, musste während der Pandemie online stattfinden. Er begleitete sie. Ein „Online-Pilger“ habe ihm kurz danach ungefragt ein YouTube-Studio per Amazon zugeschickt. Und dann, mit einer vagen Idee von Mission im Internet im Hinterkopf, betete Pater Martin zu Gott. Er fragte ihn um Rat. „Alleine kriege ich das nicht hin. Gott, wenn du das willst, dann musst du mir ein Zeichen geben“, das war mein Gebet, sagt Pater Martin. Kurz darauf traf er einen jungen Mann, der sich mit Anfang 30 bekehrt hatte und sich mit Filmschneiden und den sozialen Netzwerken auskannte. Er bot Pater Martin seine Hilfe an. „Ich sage immer: Wenn Gott etwas will, dann gibt es einen inneren Impuls, und dann gibt es von außen Dinge, die das bestätigen. Beides bekam ich, also habe ich die ersten Bilder und Videos hochgeladen“, blickt der Ordenspriester nun zurück.
Follower sind Männer über 50
Auf Glaubensfragen Antworten zu bekommen, den Leuten helfen, zu beten und eine Beziehung zu Gott aufzubauen und den katholischen Glauben schlicht darzustellen, das treibe ihn an. „Seelsorge kann man nicht übers Internet machen. Das muss persönlich geschehen“, sagt der Priester. Aber den katholischen Glauben bekannt machen, das geht über den Bildschirm. „Interessanterweise folgen meinen Accounts auch Menschen, die der Kirche fernstehen oder in Sekten sind. Sie schreiben mir.“ Im letzten Jahr abonnierten seinen YouTube-Kanal überwiegend Männer unter fünfzig: genau die Zielgruppe, die in den Gottesdiensten kaum auftauche. Was die Internetnutzer fasziniere, seien zumeist drei Dinge: die Vernünftigkeit des katholischen Glaubens, die tiefe Spiritualität und ein Aspekt des Katholizismus, den man vor allem in Deutschland nicht mehr kenne. In Deutschland – wo man sich oft schon fast dafür entschuldige, katholisch zu sein – würden die meisten Menschen nur Themen wie Missbrauch und andere Skandale mit der katholischen Kirche verbinden. Zu merken, die katholische Kirche bietet mehr, das würde gut ankommen: Zum Beispiel hätten sich im August viele User ein Video zum Schneewunder in Santa Maria Maggiore angeschaut.
„Am meisten werden ‚Rosenkranz‘ oder allgemein ‚Gebet‘ geklickt. Ein 16-jähriges evangelisches Mädchen hat mir einmal zurückgemeldet, sie bete nun jeden Tag den Rosenkranz. Ich dachte, mach das, Martin Luther hat ihn auch jeden Tag gebetet“, so der katholische Priester. Trauerhilfe, Umgang mit dem Partner, Konflikte, innere Impulse, die Frage nach Schuld – alle existenziellen Fragen des Menschen, auch nach diesen sei die Nachfrage groß. „Denn auf diese Dinge hat die Kirche vernünftige Antworten. Alle existenziellen Fragen sind religiöse Fragen.“ Auch zu diesen gestaltet Pater Martin darum minutiös Plakate.
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