Frau Tonn, als junge Studentin haben Sie sich für die Konversion zur katholischen Kirche entschieden. Wie hat das Ihr Leben seitdem verändert?
Meine Konversion ist das Beste, was mir im Leben passiert ist. Ein großes Geschenk. Natürlich ist der Eifer des Anfangs besonders stark. Aber der Glaube in der katholischen Kirche ist das, was mich seitdem immer getragen hat. Gerade auch in schwierigen Zeiten. Auch auf der menschlichen Ebene habe ich zum Beispiel durch Gebetskreise viele Freundschaften geschlossen, die auf dem Glauben basieren, und die mir sehr wichtig sind.
Gab es Überraschungen auf dem Weg mit der katholischen Kirche? Womit haben Sie nicht gerechnet?
Konvertiert bin ich, weil ich zur Überzeugung gekommen war, dass der katholische Glaube wahr ist. Womit ich nicht gerechnet hatte war dass er auch so schön ist. Das war die Überraschung. Eine etwas traurige Überraschung waren die Zerwürfnisse in der Kirche zwischen den „konservativen“ und „liberalen“ Christen. Sie machen das Leben schwierig, zum Beispiel wenn man einen Gottesdienst sucht, der dem eigenen Glauben entspricht. Denn man möchte das Leben mit Gott führen, und nicht streiten.
Was hat Sie in den letzten Jahren tiefer in Ihren Glauben und näher zu Gott geführt?
In den letzten Jahren habe ich gemerkt, vor allem als es mir nicht so gut ging, was für ein Grund doch der Glaube ist. Ich habe gemerkt, wenn alles fällt, ist dieser Halt da – ein ganz entscheidender Halt. Man fällt nicht ins Bodenlose, sondern es ist Hoffnung da.
Im „Anfangsenthusiasmus“ Ihres Glaubens hätten Sie sich nach „Feuerproben“ gesehnt, doch es habe kaum welche gegeben, berichteten Sie 2005. Wurde Ihr Glauben seither auf die Probe gestellt?
Ja, die Gefahr kommt von der eigenen Bequemlichkeit, und von der Gefahr der Lauheit. Gerade wenn man keinen Gebetskreis mehr hat, und auch nicht den regelmäßigen Austausch mit Gleichdenkenden. Dann ist es die größte Herausforderung, Gott nicht als Mitte des Lebens aus den Augen zu verlieren. Hier im Bistum Basel gibt es sehr wenige Messen, unter der Woche nur einmal am Tag. Damit kann ich als Berufstätige nicht werktags in die heilige Messe gehen. Das habe ich bis zu meinem Umzug in die Schweiz gemacht. Die Eucharistie empfange ich darum wirklich nur am Sonntag.

Was hilft Ihnen, Ihrem Glauben an Gott treu zu bleiben?
Ich habe eine kleine Anzahl von guten Freunden, mit denen ich über den Glauben reden kann. Wir stärken und motivieren uns. Seit kurzer Zeit gehe ich einmal im Monat zu einem Treffen in einem Zisterzienserinnenkloster hier in der Nähe. Es ist ein „Frauentag“ für junge und ältere Frauen, verheiratet oder Single. Wir tauschen uns aus, helfen bei der Klosterarbeit und nehmen an den Gebetszeiten teil. Auch kann man noch bis zum nächsten Tag bleiben. Das ist dann wirklich eine Tankstelle, die auch die Perspektive wieder Richtung Gott führt.
Unter welches Leitwort würden Sie Ihre Zeit in der katholischen Kirche stellen?
Dankbarkeit. Für Gott, den Glauben und die Gemeinschaft.
Sie erlebten einst auf einem Hof in Schottland „die Hilfsbereitschaft der Menschen und viele glückliche Zufälle“, und suchten nach jemandem, dem Sie danken konnten. Die Suche nach Gott stellte sich Ihnen so wieder neu. Wie erleben Sie Gott heute in ihrem Leben? Wie merken Sie, dass er täglich wirkt?
Das wirklich ganz große Geschenk ist, dass Gott da ist und wartet. Auch in den Zeiten, als mein Gebet nicht so regelmäßig war. Doch, wenn ich mich ihm öffne, dann ist er da, und wartet. Im Alltag spielt es schon eine Rolle, außerhalb von Gebetszeiten die Dinge in seine Hände zu legen. Die Perspektive, wie ich auf die Dinge schaue und mit Menschen umgehe. Zu wissen, vieles hängt nicht von mir ab, sondern hängt an seinem Segen. Das ist schon etwas, das sich durch den Alltag zieht.
Was denken Sie, hilft jungen Menschen in Deutschland heute, zu Gott und zum katholischen Glauben zu finden? Was würden sie ihnen raten?
Nicht zu früh aufgeben. Wenn man eine Erfahrung macht, mit seiner Gemeinde oder anderswo, die frustriert oder enttäuscht – dann sollte man trotzdem weiterschauen. Denn es gibt überall Gemeinden oder einzelne Menschen, die mit Gott leben und dafür brennen. Man kann darauf vertrauen, dass Gott sich doch irgendwann finden lässt.
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