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Das Pallium: Würdezeichen des Papstes und der Metropolitanerzbischöfe

Am Hochfest Peter und Paul erhalten die neuernannten Erzbischöfe alljährlich ihre Amtsinsignie. Von Ulrich Nersinger
Das Pallium des Papstes
Foto: KNA

Die Pallien sind weiße, mit schwarzen Kreuzen versehene ringförmige Bänder, die um die Schultern auf das Messgewand des Papstes und der Metropolitanerzbischöfe gelegt werden, und von denen ein Streifen über die Brust, der andere über den Nacken herabfällt. Die Enden der beiden Streifen sind mit in schwarzer Seide eingenähten Bleiplättchen beschwert. Auf dem sechs Zentimeter breiten Ringband befinden sich vier schwarze Kreuze, auf den beiden Streifen je eines (ursprünglich dürften die Kreuze purpurfarben gewesen sein). An den Kreuzen sind Schlaufen angebracht, durch die kostbare Nadeln gezogen werden können. Die Nadeln dienten früher dazu, das Pallium an der Kasel festzuheften; heute sind sie nur noch Zier.

Neue Pallien werden aus der Wolle von Lämmern, die am Gedenktag der heiligen Agnes geweiht werden, gewoben. Sie werden in St. Peter in der sogenannten „Nicchea dei Palli – Palliennische“ über dem Grab des ersten Bischofs von Rom aufbewahrt. Hier ruhen sie bis zu ihrer Verleihung am Hochfest der Apostelfürsten Petrus und Paulus. Das Pallium des Papstes und der Metropoliten wird gleichsam „de corpore beati Petri sumptum – vom Grab des heiligen Petrus genommen“.

Erzbischöfe  im Juni 2015 im Petersdom beim Pallium
Foto: KNA | Kasachstan, Malta: Die Einheit des Episkopats wird im Zuge der Debatte um „Amoris laetitia“ brüchiger. Hier empfängt Erzbischof Scicluna (zweiter von rechts) im Juni 2015 im Petersdom das Pallium.

Die Geschichte des Palliums

Geschichtlich dürfte das Pallium auf das „lorum“, das Oberteil der toga „trabea“, zurückzuführen sein, ein Gewand, das der römische Kaiser bei Staatsakten und festlichen Angelegenheiten anzuziehen pflegte. Die „Konstantinische Schenkung“ berichtet, dass Kaiser Konstantin der Große (+337) es dem Bischof von Rom verliehen habe – „Beato Silvestro contradimus ... necnon et superhumerale, videlicet lorum, qui imperiale circumdare assolet collum“, heißt es in der berühmten, aus dem 8. Jahrhundert stammenden Schrift. In der Ewigen Stadt galt das Pallium schon sehr früh als ein den Papst besonders kennzeichnender Schmuck, als Abzeichen seiner obersten Hirtengewalt. Das Pallium wurde zur eigentlichen Insignie des Papstes – in der „Vita Valentini“ (827) wird es daher zu Recht die „summi pontificatus infula“ genannt.

Erste sichere Erwähnungen des Gewandstückes als päpstliche Insignie finden sich schon im 5. Jahrhundert. Um das Jahr 530 verlieh Papst Markus das Pallium dem suburbikarischen Bischof von Ostia; als Begründung wurde angegeben, dass diesem das Recht zustehe, einem neugewählten Papst, falls dieser noch nicht mit der Priester- oder Bischofswürde ausgezeichnet sei, die entsprechenden Weihen zu erteilen. Auch noch in unseren Tagen wird jedem neuen Kardinalbischof von Ostia diese Insignie verliehen, denn dieser Titularsitz ist mit dem Amt des Kardinaldekans verbunden.

Dass der Papst den Metropoliten, den Vorstehern der Kirchenprovinzen, dieses päpstliche Gewandstück zukommen ließ, war zunächst nur Ausdruck einer vom Papst beabsichtigten innigeren Einheit dieser Würdenträger mit dem Apostolischen Stuhl. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Pallium jedoch immer mehr zu einer charakteristischen Insignie der Metropoliten, zum Zeichen ihrer besonderen Vollmacht. Der Metropolit war und ist auf das Pallium angewiesen, um bestimmte Pontifikalhandlungen rechtmäßig vorzunehmen; schon Papst Paschalis II. (Rainero Raineri, 1099–1118) stellte fest: „Im Pallium wird die Fülle der pontifikalen Gewalt gewährt, da es gemäß der Gewohnheit des Apostolischen Stuhles und des ganzen Europa den Metropoliten vor Empfang des Palliums durchaus nicht gestattet ist, Bischöfe zu weihen oder Synoden zu halten.“

Um die besondere Stellung der Vorsteher der Kirchenprovinzen hervorzuheben, verfügte Papst Paul VI. (Giovanni Battista Montini, 1963–1978) im Mai des Jahres 1978, dass das Pallium künftig nur den Metropoliten und dem Lateinischen Patriarchen von Jerusalem zu verleihen sei. In der lateinischen Kirche gab es bis dahin 29 Erzbistümer, die keine Metropolitansitze waren, deren Oberhirten sich aber dennoch aufgrund geschichtlicher Gunsterweise der Päpste des Palliums erfreuten; außerdem stand es 18 Bischofssitzen als Privileg zu. Ferner war es üblich geworden, verdiente Titularerzbischöfe mit dem Pallium auszuzeichnen. Was den Kardinaldekan betraf, blieben die alten Bestimmungen weiterhin in Kraft.

Die Verleihung des Palliums an den neuen Papst

Wenn ein neuer Papst sein Oberstes Hirtenamt antritt, erhält er zu Beginn der Liturgie, mit der er seine hohe Aufgabe symbolisch übernimmt, dieses Würdezeichen vom Kardinalprotodiakon angelegt. Alle Metropoliten sind durch das Kirchenrecht verpflichtet, unmittelbar nach ihrer Bestätigung oder Ernennung um das Pallium anzusuchen. Die Übergabe des Palliums geschieht für gewöhnlich am Hochfest der heiligen Apostelfürsten Petrus und Paulus in der Petersbasilika. Der Papst verleiht es persönlich oder durch den rangältesten Kardinaldiakon.

Papst Benedikt XVI. verlieh am Hochfest Peter und Paul nach altem Brauch das Pallium.
Foto: dpa | Papst Benedikt XVI. verlieh am Hochfest Peter und Paul nach altem Brauch das Pallium.

Papst Franziskus änderte Anfang dieses Jahres das Verfahren zur Verleihung des Palliums. Künftig wird er es den neuen Vorstehern einer Kirchenprovinz nicht mehr persönlich auflegen, sondern nur noch überreichen. Die eigentliche Auferlegung soll in den Erzbistümern durch den jeweiligen Apostolischen Nuntius erfolgen. Gegenüber Radio Vatikan teilte Monsignor Guido Marini, der päpstliche Zeremonienmeister, mit: „Die Bedeutung dieser Änderung liegt darin, die Beziehung der Metropolitanerzbischöfe mit ihren Ortskirchen mehr hervorzuheben. So haben mehr Gläubige die Gelegenheit, an diesem für sie bedeutsamen Ritus teilzunehmen.“ Am 12. Januar dieses Jahres hatte Prälat Marini die Apostolischen Nuntien in aller Welt über die Änderung unterrichtet. In seinem Brief betonte er, Papst Franziskus wolle mit dieser Geste den Gedanken der Synodalität unter den Bischöfen unterstreichen.

Der Papst und die Metropoliten verwenden das Pallium nur bei der Feier der heiligen Messe. Während es der römische Bischof aufgrund seines Obersten Hirtenamtes überall auf der Welt trägt, ist den Metropoliten der Gebrauch nur innerhalb ihrer Kirchenprovinzen gestattet. Ein Metropolit, der zum Vorsteher einer anderen Kirchenprovinz berufen wird, muss beim Papst um ein neues Pallium ansuchen; er darf sich des alten nicht weiter bedienen. Tritt ein Metropolit von seinem Amt zurück, wird er bei seinem Begräbnis nicht mit dem Pallium um die Schultern beerdigt; es wird ihm zusammengefaltet unter den Kopf gelegt

Der Gebrauch des Würdezeichens 

Das Caeremoniale Episcoporum aus dem Jahre 1984 sieht den Gebrauch des Palliums bei der Liturgie vor, die der Erzbischof als „Missa Stationalis“ oder mit großer Feierlichkeit zelebriert, sowie bei Weihehandlungen. Der Papst bedient sich des Palliums bei allen Messfeiern, die er öffentlich und „in pontificalibus“ zelebriert; bei den Messen in seiner Privatkapelle – so auch im vatikanischen Gästehospiz – verwendet er die Insignie nicht, auch dann nicht, wenn eine größere Gruppe von Gläubigen anwesend sein sollte.

In seiner 2004 erschienenen Autobiographie erinnerte sich der heilige Johannes Paul II. (Karol Wojtyla, 1978–2005) an „das tiefe und bewegende Zeichen des Palliums, das ich selbst im Jahr 1964 erhielt. In der Welt tragen die Metropoliten zum Zeichen der Einheit mit Christus, des guten Hirten, und mit seinem Vikar, der die Aufgabe des Petrus übernimmt, auf den Schultern dieses Zeichen, das aus der Wolle der Lämmer gewebt wird, die am Gedenktag der hl. Agnes geweiht werden. Viele Male habe ich es als Papst am Fest der heiligen Apostel Petrus und Paulus den neuen Metropoliten übergeben können. Welch schöne Symbolik! In der Form des Palliums können wir das Bild eines Schafes erblicken, das der gute Hirte auf seine Schultern hebt und mitnimmt, um es zu retten und zu nähren. In diesem Symbol wird sichtbar, was uns alle als Bischöfe in erster Linie eint: die Fürsorge und die Verantwortung für die uns anvertraute Herde. Gerade aufgrund dieser Fürsorge und dieser Verantwortung müssen wir die Einheit pflegen und wahren.“

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