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Corona-Exerzitien: Wie sich Christen in Zeichen von Seuchen verhalten sollten

Auch wenn wir hoffen dürfen, dass sich die Coronavirus-Pandemie nicht so dramatisch entwickelt wird wie die mittelalterlichen Pest-Epidemien, stellt die gegenwärtige Krise eine Anfrage an unser Christsein dar.
Christen in Seuchenzeiten
Foto: Fabian Strauch (dpa) | In dieser Zeit sollten Christen betend über die irdische Vergänglichkeit und ihre ewige Bestimmung in Gott nachdenken. Im Bild: Seuchenmasken in einer Ausstellung in Herne.

Ein eindrückliches Beispiel, wie sich Christen in Zeiten von Seuchen verhalten sollen, stellt das Werk „I promessi sposi“ von Alessandro Manzoni (1785-1873) dar. Er schildert, wie es während der Pest des Jahres 1630 in Mailand zugegangen ist.

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Wie die Kapuziner gegen die Pest vorgingen

Von einem magischen Verständnis des Glaubens getrieben, nötigte man den Erzbischof, Kardinal Federigo Borromeo, eine große Prozession mit den Gebeinen des heiligen Karl Borromäus zu veranstalten. Diese gut gemeinte, aber unkluge Aktion führte zu einem Ansteigen der Ansteckungen, „so dass niemand mehr umhinkonnte, die Ursache oder den Anlass in der Prozession selbst zu sehen“.

Besser machten es die Kapuziner. Da niemand bereit war, das Lazarett der Stadt, in dem im Verlauf der Epidemie Zehntausende dahinsiechten, zu leiten, übernahmen sie das Szepter. „Hätten sich diese Väter nicht gefunden, so wäre sicherlich die ganze Stadt ausgelöscht worden“, bilanziert Manzoni. Er verschweigt allerdings auch nicht die Opfer: „Die Ordensbrüder mussten dabei zum größten Teil das Leben lassen, gaben es aber alle mit Freuden“. Von den Geistlichen weiß Manzoni zu berichten: „Immer sah man sie unter den Dahinsiechenden und Sterbenden, wobei sie zuweilen selber siech und sterbenskrank waren. Außer dem geistlichen Beistand spendeten sie, so gut sie konnten, auch materielle Hilfe. Über sechzig Pfarrer aus der Stadt allein kamen durch die Pestansteckung um, ungefähr acht Neuntel aller.“

Wir dürfen unseren Glauben nicht magisch verstehen

Wir dürfen aufgrund der heutigen Medizin hoffen, dass sich beim Corona-Virus die Dinge weniger dramatisch entwickeln. Gleichwohl ist das Ereignis eine Anfrage an unser Christsein. Wir dürfen unseren Glauben nicht magisch verstehen, als sei er dazu da, die Naturgesetze, die auch von Gott stammen, ausser Kraft zu setzen. Aber der Glaube hilft uns, die Zeichen der Zeit zu deuten. Denken wir in dieser Fastenzeit betend über unsere irdische Vergänglichkeit und unsere ewige Bestimmung in Gott nach. Und überlegen wir, wo wir barmherzige Samariter sein können.

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