Obwohl sich Papst Leo XIV. bereits ausdrücklich für das Zölibat ausgesprochen hat, halten kritische Stimmen in Deutschland an einer Änderung fest. Jetzt hat sich der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann anlässlich seines 40-jährigen Priesterjubiläums am 10. Oktober für ein Ende des Pflichtzölibats und die Weihe von Frauen zu Diakonen ausgesprochen. Man müsse das Priesteramt neu denken, sagte er in einem Interview mit der katholischen Nachrichtenagentur (KNA) vom Freitag. Der Zölibat sei zwar weiterhin eine „wichtige geistliche Lebensform“, die die Hingabe an Christus und die Kirche verdeutliche, doch gebe es auch andere Wege, diese Hingabe zu leben.
Ein freiwilliger Zölibat könnte „seine geistliche und existenzielle Aussage wieder an Glaubwürdigkeit in der Gesellschaft gewinnen“ und auch die Zeugniskraft „deutlich erhöhen“, argumentierte der Bischof mit Blick auf den Priestermangel und verwies auf Orden, „in denen zunächst zeitliche Gelübde abgelegt werden und erst nach einer gewissen Reifezeit im Leben in der neuen Wirklichkeit sich die Möglichkeit der ewigen Gelübde ergibt“. Seiner Ansicht nach müsse die ausschließliche Verbindung von Priesteramt und Zölibat aufgehoben werden. Er könne sich vorstellen, „dass einige Ortskirchen, also zum Beispiel die Kirche in Deutschland, einen solchen Weg gehen könnten. Ohne dass es weltweit überall so sein müsste.“
Seelsorgerlich-geistlichen Charakter des Priesteramtes in den Fokus rücken
Überhaupt müsse man Wiesemann zufolge das Priesteramt neu denken. Besonders gehe es darum, „den seelsorgerlich-geistlichen Charakter des Priesteramtes wieder in den Vordergrund rücken und auch im Kirchenrecht stärker verankern“. Die Frage sei zudem, welche Art von Leitungsverantwortung in der Gemeinde das geistliche Amt haben müsse und welche Bereiche auch „katholische Laien, Männer wie Frauen“ leiten könnten.
Zur Frauenfrage erklärte Wiesemann, dass er das Frauendiakonat zwar befürworte — es gebe seiner Meinung nach kein absolutes theologisches Argument gegen die Weihe von Frauen —, jedoch nie einen Weg außerhalb von Weltkirche und kirchlichem Recht gehen würde. „Die Einheit ist ein sehr hohes Gut, gerade in einer immer zerspalteneren Welt“, so der Bischof.
Wiesemann: Nicht ohne die Weltkirche
Auch wiederholte Wiesemann einen Satz, der im Kontext der Debatten um die Frauenweihe mehrfach auf dem Synodalen Weg gefallen ist: „Christus sei "für uns Mensch, nicht Mann geworden". Dieser Satz hat innerhalb der katholischen Kirche für Kontroversen gesorgt. Kritiker sahen in dieser Aussage eine Infragestellung der kirchlichen Lehre der Kirche und eine Abkehr von der männlichen Gestalt Jesu.
Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer beispielsweise erkannte in der Aussage, Gott sei nicht Mann geworden eine Tendenz, das Geschlechtliche Jesu zu relativieren. Auch im Dokument des vatikanischen Dikasteriums für Kultur und Bildung „Als Mann und Frau schuf er sie“ wird betont, dass Geschlechtlichkeit Teil der Schöpfungsordnung sei, also nicht bloß ein soziales Konstrukt sei, das man beliebig weglassen könne. DT/dsc
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