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Suspendierter Pfarrer: Aufarbeitungskommission warnt vor Täter-Opfer-Umkehr

Der Vorsitzende der Aufarbeitungskommission warnt angesichts der Solidarisierungswelle mit dem suspendierten Passauer Pfarrer vor einer Bagatellisierung möglichen Fehlverhaltens.
Bistum Passau: Blick auf den Dom St. Stephan
Foto: IMAGO/Lisa und Wilfried Bahnmüller | In Passau haben sich innerhalb von sechs Tagen mehr als 10.000 Menschen hinter den aus dem Dienst entlassenen Pfarrer gestellt

Der Vorsitzende der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Bistum Passau, Guido Pollak, hat davor gewarnt, sich zu sehr mit dem suspendierten Pfarrer Alexander Aulinger zu solidarisieren, bevor der Fall nicht aufgeklärt sei. Dies komme einer Bagatellisierung möglichen Fehlverhaltens gleich, sagte Pollak am Donnerstag in einem Interview mit der Mediengruppe Bayern. 

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Er reagierte damit auf eine Online-Petition, mit der sich innerhalb von sechs Tagen mehr als 10.000 Menschen hinter den Pfarrer gestellt hatten, der wegen regelmäßigen Alkoholausschanks an Minderjährige seinen Posten räumen musste. Wörtlich erklärte Pollak: „Wenn Fehlverhalten vorliegt, wenn Alkoholmissbrauch vorliegt, dann kann man das nicht damit abtun, dass wir halt in Niederbayern sind und in Sportvereinen auch getrunken wird.“ 

Warnung vor massenpsychologischen Dynamiken

Eine „derartige Solidarität“, ohne das man erst „eine Prüfung der Vorwürfe durch unabhängige Dritte abgewartet“ habe, nannte er „schwer verständlich“. Es entwickelten sich massenpsychologische Dynamiken, die schwer zu kontrollieren seien und in eine Täter-Opfer-Umkehr münden könnten, so der emeritierte Erziehungswissenschaftler.

Da es sich um Verstöße gegen deutsches Strafrecht, möglicherweise auch gegen das Kirchenrecht handeln könne, werde die Angelegenheit nun durch die Staatsanwaltschaft geprüft. Seine Kommission sei es gewesen, die dem Bischof daher geraten habe, den Beklagten aus der Gemeinde zu nehmen. Schließlich trage er die Verantwortung und müsse sich „schützend vor die Betroffenen stellen“.

Weiter erklärte Pollak: „Wir wissen natürlich, dass das juristisch heikel ist, aber man kann da nicht abwarten, bis sich das von selbst regelt oder bis einer aufsteht und mit seinem Klarnamen sagt, was genau passiert ist.“ Es soll nun Gespräche vor Ort geben.

Fehlverhalten mit sexuellem Charakter nicht erkennbar

Ob die Vorkommnisse als versuchte Anbahnung eines Missbrauchs bewertet werden könnten, sei „nicht so einfach zu beantworten. Dazu müsste man alles lückenlos aufklären", so Pollak. Ein Fehlverhalten mit sexuellem Charakter sei in dem Fall nicht erkennbar. 

Aulinger darf seit einem Monat weder die heilige Messe zelebrieren, noch öffentlich als Priester auftreten. Beim Bistum sind laut Gutachten der unabhängigen Missbrauchskommission seit Jahren Vorwürfe eingegangen, der Pfarrer würde Minderjährigen immer wieder Alkohol verabreichen.  DT/dsc

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