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Alkohol und Grenzüberschreitungen: Kontroverse um suspendierten Pfarrer

Ein Pfarrer soll regelmäßig große Mengen Alkohol an Minderjährige ausgeschenkt haben und wird vorübergehend vom Dienst supendiert. Das Bistum lässt den Fall extern prüfen und bemüht sich um Deeskalation.
Pfarrer im Bistum Passau suspendiert
Foto: Dominik Kindermann via www.imago-images.de (www.imago-images.de)

Eklat im Bistum Passau: Der Pfarrer des Pfarrverbandes Hauzenberg, Alexander Aulinger, ist vorläufig vom Dienst suspendiert worden. Er soll Minderjährigen immer wieder hohe Mengen Alkohol verabreicht haben und darf ab dem heutigen Montag bis auf Weiteres weder die Messe feiern, noch öffentlich als Priester auftreten, wie das Bistum auf seiner Internetseite mitteilt. In dem am Freitag veröffentlichten Statement heißt es, dass Prodekan Fabian Feuchtinger die Administration übernimmt. Das Bistum will die Vorwürfe erst gründlich extern prüfen lassen.

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Derweil konzentriere man sich darauf, „die Situation, die Sorgen, Ängste und auch die Wut vieler Gläubiger vor Ort zu sehen", erklärte das Bistum auf Anfrage dieser Zeitung. Es werde nun geklärt, wie und in welchem Rahmen dies am besten und zum Wohle aller - der Gemeinde, des Pfarrers und Betroffener - stattfinden könne. Im kleineren Kreis würden im Sinne der Deeskalation und Krisenbewältigung bereits intensiv Gespräche geführt. Ein „Gesprächstermin mit einer größeren Teilnehmerzahl", der für morgen Abend in Hauzenberg anberaumt war, „muss verschoben und nach Möglichkeit zeitnah nachgeholt" werden. Der Termin war im Rahmen des Gottesdienstes am vergangenen Sonntag angekündigt worden, dem letzten Gottesdienst des Beklagten, zu dem knapp 2.500 Gläubige kamen, um ihrem Pfarrer ihre Solidarität zu bekunden.

Der Amtsverzicht - ein Missverständnis?

Währenddessen kümmert sich die Staatsanwaltschaft um den Fall, der ihr auf 151 Papierseiten vorliegt; die unabhängige Beauftragte für sexuellen Missbrauch, Rechtsanwältin Rosemarie Weber, hatte dem Bistum zufolge ein Gutachten erstellt und dringend empfohlen, die Vorgänge strafrechtlich prüfen zu lassen. Die Staatsanwaltschaft habe mehr Möglichkeiten für die Recherche und könne „eine objektive Überprüfung durchführen“, begründete Weber.

Dass Aulinger den Amtsverzicht angenommen habe, wie das Bistum schrieb, bestreitet der Pfarrer. In einer ersten Mitteilung zum Fall schrieb das Bistum, dass Aulinger sich als Dekan und Pfarrer aus dem Pfarrverband Hauzenberg zurückziehe. Dort heißt es, Aulinger habe „eine Resignation auf den Pfarrverband und das Amt des Dekans mündlich erklärt und Bischof Stefan Oster wird diese ... annehmen". Als Grund soll der Pfar­rer einen tie­fen Riss genannt haben, der durch die Gemein­de gehe, „und für den auch er selbst zu sei­nem gro­ßen Bedau­ern Mit­ver­ant­wor­tung tra­ge“, so das Bistum. 

Nun soll Aulinger nach Angaben des Internetportals „katholisch.de“ über seinen Anwalt Holm Putzke mitgeteilt haben, dass der Amtsverzicht ein Missverständnis gewesen sei. Putzke habe zudem die Fachkompetenz und Objektivität der unabhängigen Missbrauchsbeauftragten in Frage gestellt. „In diesem Fall sieht alles danach aus, dass ein kleiner Kreis bösartiger Menschen einen richtig guten Pfarrer unter dem feigen Deckmantel der Anonymität mit falschen Vorwürfen überzieht“, so der Anwalt. Sein Mandant werde sich gegen die gezielten An­deutungen und Mutmaßun­gen des Bistums zur Wehr setzen. Putzke wörtlich: „Pfarrer Aulinger resigniert nicht!“ 

„Vorwürfe älteren und jüngeren Datums"

Dagegen stehen allerdings „Vorwürfe älteren und jüngeren Datums gegen den Pfarrer“ im Raum, hauptsächlich in Bezug auf dessen Jugendarbeit, die der Beklagte allerdings ebenfalls dementiert. Die „Passauer Neue Presse“ berichtet von 50 Meldungen, die seit Juni 2023 bei der Bistumsverwaltung eingegangen sind, darunter von kirchlichen Mitarbeitern, Einzelpersonen, Verantwortlichen der Ministrantenarbeit und der diözesanen Präventionsstelle.

Unter anderem soll Aulinger bei Gruppenstunden, auf Partys und Ausflügen Unmengen an Alkohol an Minderjährige ausgeschenkt haben; neben Bier auch Wodka. Auch Trinkgelage mit ausgewählten Ministranten auf Mallorca seien durch Dutzende Fotos und Videos belegt. Nach Angaben des Rechercheportals „correctiv.org“, dem das 151-seitige Gutachten vorlag, wird dem Pfarrer auch vorgeworfen, Grenzen zu testen und zu überschreiten sowie ein Umfeld zu schaffen, „in dem die Jugendlichen zunehmend weniger in der Lage sind, riskante oder unangemessene Situationen als solche zu erkennen".

Bereits im September 2023 sahen sich laut Bistum eini­ge Gemein­de­mit­glie­der dem Vor­wurf aus­ge­setzt, ihren belieb­ten Pfar­rer beim Bis­tum ​„ange­schwärzt“ zu haben. Die Situation soll sich dermaßen aufgeschaukelt haben, dass Bischof Ste­fan Oster per­sön­lich in den Pfarr­ver­band kam, um sich ein Bild von der Gemeinde zu machen. Insgesamt habe sich ihm ein „sehr posi­ti­ves Bild des kirch­li­chen Lebens gezeigt". Auf Fragen zur Kon­flikt­si­tua­ti­on habe er jedoch „so gut wie kei­ne Reso­nanz" erhal­ten. 

Gemeinde stärkte Pfarrer den Rücken

Am vergangenen Sonntag stärkte die die Gemeinde ihrem Pfarrer den Rücken und rebellierte gegen die Entscheidung von Bischof Oster, Aulinger zu suspendieren. Laut einem Bericht der „Bild“ habe eine der zurückgetretenen Ministrantinnen erklärt, dass sie die „Hetzjagd“ auf den Pfarrer wütend und traurig mache. Wörtlich soll sie gesagt haben: „Was wir nun erleben, ist nicht nur ungerecht – es widerspricht all den Werten, für die die katholische Kirche stehen sollte: Wahrheit, Nächstenliebe und Vergebung“.

Eltern und ältere Ministranten sollen in einem offenen Brief an den Bischof die Anschuldigungen gegen den Pfarrer als aus der Luft gegriffen und als das Werk von „Denunzianten“ zurückgewiesen haben. Der Bischof nimmt indes die Vorwürfe nach eigenem Bekunden ernst. Um die Sache aufzuklären, habe man eine externe Anwaltskanzlei hinzugezogen.  DT/dsc

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