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Münchner Missbrauchsbetroffener: Marx muss endlich handeln

Der Missbrauchsbetroffene Richard Kick fordert von Kardinal Marx in einem offenen Brief, beim Thema Missbrauchsaufarbeitung endlich aktiv zu werden. Marx antwortet, offenbar ohne auf konkrete Forderungen einzugehen.
Kardinal Reinhard Marx bei der Eröffnung der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK)
Foto: Julia Steinbrecht (KNA-Pool) | Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, bei der Eröffnung der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK).

Während sich die deutschen Bischöfe auf ihrer Frühjahrsvollversammlung in Vierzehnheiligen im Erzbistum Bamberg auch mit dem Thema der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs beschäftigen, übt der Unabhängige Betroffenenbeirat im Erzbistum München und Freising erneut Kritik am Münchner Kardinal und Erzbischof Reinhard Marx

Opfer "endlich empathisch wahrnehmen"

In einem am Montag veröffentlichten, offenen Brief an Marx fordert Richard Kick, Mitglied im Betroffenenbeirat, den Münchner Erzbischof auf, aktiv zu werden und „zielführend und sehr zeitnah“ zu handeln. „Um das Leid der überaus großen Zahl an Opfern sexualisierter Gewalt nicht noch weiter zu vergrößern, ist es an der Zeit sie auch endlich empathisch wahrzunehmen“, heißt es in dem Appell. 

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Obwohl das vom Erzbistum München in Auftrag gegebene und von der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) erstellte Missbrauchsgutachten nun schon vor mehreren Wochen vorgestellt wurde, seien noch immer keinerlei Aktivitäten seitens Kardinal Marx erkennbar, „die ein dezidiertes Handeln und auch Umsetzen der Empfehlungen erkennen lassen“.

Marx soll unabhängige Ombudsstelle schaffen

Konkret fordert Kick den Kardinal dazu auf, in persönlichen Kontakt mit den geschädigten und traumatisierten Betroffenen zu treten, und eine unabhängige Ombudsstelle zu schaffen, die eine „dezidierte, parteiische Interessenvertretung für Geschädigte von sexualisierter Gewalt“ darstellen und „das strukturelle Machtungleichgewicht zwischen Kirche und Betroffenen“ ausgleichen solle. Missbrauchsgeschädigte müssten zudem Akteneinsicht erhalten, um erfahren zu können, wie ihre Fälle konkret behandelt worden seien.

Auch appelliert Kick an Marx, für eine „ernsthafte und angemessene finanzielle Anerkennungs-/Entschädigungsleistung“ für alle Missbrauchsgeschädigten zu sorgen. Den Betroffenenbeirat müsse der Münchner Erzbischof personell und finanziell stärken, damit er seine Aufgaben „in sachgerechter Weise“ wahrnehmen könne.

Marx schreibt Antwortbrief, geht aber nicht auf Forderungen ein

Auf Anfrage dieser Zeitung erklärte Kick, dass Marx bereits auf seinen offenen Brief geantwortet habe. Das Antwortschreiben des Kardinals sei mit einem Umfang von drei Seiten zwar ausführlich ausgefallen, jedoch gehe der Münchner Erzbischof auf keinen der von Kick genannten Punkte konkret ein. Stattdessen bediene sich Marx altbekannter Worthülsen. "Es ist wieder das, was Betroffene kennen und seit vielen Jahren hören", so Kick. Marx gebe zwar Versprechen ab, "aber den Worten müssen endlich Taten folgen". Er vernehme insbesondere aus Kirchenkreisen, dass viele "sauer, verärgert und frustriert" seien, dass Marx "schon fast wieder zur Tagesordnung übergeht und sich in den ,Synodalen Weg' flüchtet", meinte Kick.

Auf die Frage, ob er sich einen Neuanfang im Erzbistum München unter der Führung von Kardinal Marx noch vorstellen könne, antwortete Kick: "Ich war bisher der Meinung, dass es mit ihm möglich sein könnte. Nicht zuletzt wegen seiner Antwort von heute fällt es schwer, daran noch zu glauben."  DT/mlu

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