Seit Papst Franziskus Mitte Juni im Interview erklärte, er lasse sich in der Entscheidung über die Personalie des Kölner Kardinals nicht unter Druck setzen, ist viel geschehen. Die Staatsanwaltschaft entlastete den Kardinal vom Vorwurf möglicher strafbarer Versäumnisse im Umgang mit einem verurteilten Missbrauchstäter und lehnte die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit der Begründung ab, es liege keinerlei Anfangsverdacht vor.
Veröffentlichung der Kirchenstatistik dämpft Kritik an Woelki
Auch die Veröffentlichung der Kirchenstatistik dämpfte die Kritik an Woelki. Ausgerechnet der Publizist Carsten Frerk ließ den medial gehypten Mythos vom „Woelki-Effekt“ platzen, demzufolge das Erzbistum Köln die Mutter aller Kirchenaustritte der letzten Monate sein soll. Die Austrittszahlen zeigten aber, dass nicht das Erzbistum Köln, sondern andere Bistümer die Spitze des Exodus bilden, gleichwohl auch am Rhein signifikant mehr Katholiken ihrer Kirche den Rücken zugewandt haben.
Dass Frerk, ansonsten ein durchaus scharfer Kritiker der Kirche, Woelki anhand der Statistik verteidigte, ist symptomatisch: Die Zeit arbeitet für Kardinal Woelki, je länger sich Papst Franziskus Zeit lässt.
Im Kölner Klerus wächst das Erstaunen über den Umgang mit dem Kardinal. Selbst Priester, die nicht mit jeder Entscheidung ihres Ordinarius einverstanden sind, solidarisieren sich mit dem öffentlich gedemütigten Chef. Die Frage, ob Kardinal Woelki eine solch Hängepartie verdient hat, beantworten immer mehr Geistliche mit einem klaren Nein. Der Kölner Generalvikar Guido Assmann spricht darum nicht für sich, sondern für das gesamte Erzbistum, wenn er heute in einer Lokalzeitung eine Entscheidung anmahnt. Die Zeit steht nicht still. Inzwischen liegt ein Brandbrief des Nuntius in Rom vor, der die synodalen Gefahren Deutschland ungeschönt beschreibt. Die Stimme des Kardinals wird nicht nur in Köln gebraucht.
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