Barocker Glanz in katholischen Kathedralen umgibt viele Dombesucher des 21. Jahrhunderts wie ein exotischer Duft. Die wenigsten Menschen, einschließlich Gottesdienstbesucher, sind heute so vertraut mit der Kirchengeschichte und dem katholischen Amtsverständnis, dass sie die Bedeutung einer bischöflichen Kathedra spontan einordnen. Die Person des Bischofs hat an diesem Ort ganz hinter das Amt zurückzutreten.
Daher wirkt die Entscheidung des Bistums Fulda, den Baldachin über der bischöflichen Kathedra entfernen zu lassen, kontraproduktiv, denn sie setzt den jetzigen Amtsinhaber als Person medial in Szene. Schlagzeilen wie „Schluss mit Prunk – Bischof Gerber lässt Baldachin im Fuldaer Dom abbauen“ provozieren derzeit mehr Aufmerksamkeit für die Person des Bischofs als für zentrale Fragen der Verkündigung.
Unangenehmer Beigeschmack
Die Begründung, ein Symbol feudaler Herrschaft zu entfernen, da es nicht mehr in die Zeit passe, wirft zudem ein falsches Licht auf die Vorgänger des jetzigen Amtsinhabers. Wer wollte bestreiten, dass auch Bischof Gerbers durchaus nicht in klerikalem Prunk schwelgende Vorgänger mitbekommen hatten, dass die Zeit der Fürstäbte vorbei ist?
Das Theater um den Baldachin hat einen unangenehmen Beigeschmack. Zum einen, weil der Fuldaer Dom nach der Liturgiereform Pauls VI. mit Augenmaß und ohne nachkonziliare Bilderstürmerei restauriert wurde, und zum anderen, weil die Entfernung des Baldachins natürlich nicht gratis zu haben ist. Nachdem das ursprüngliche Bischofshaus zum Bürogebäude umfunktioniert wurde – für welchen Preis? –, bleibt die Sinnhaftigkeit dieses Aktes klerikaler Imagepflege in Zeiten knapper Kassen schleierhaft.
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