Eine Predigt des Pöllauberger Pfarrers Roger Ibounigg sorgt für heftige Debatten. In der auf YouTube veröffentlichten Ansprache sprach er unter anderem über die Ehe, die Familie und gesellschaftliche Entwicklungen. Dabei kritisierte er unter anderem die Gender-Ideologie und warnte vor einer „Verwirrungstaktik des Bösen“. „70 Geschlechter, soll es angeblich geben", erklärte Ibounigg.
Zudem lobte der Pfarrer explizit die Politik des US-Präsidenten Donald Trump: „Unter der Trump-Regierung wird es die offizielle Politik der Regierung der Vereinigten Staaten sein, dass es nur zwei Geschlechter gibt, männlich und weiblich.“ Zwar stehe die Heiligsprechung von Trump nicht kurz bevor, aber Gott könne sich auch Menschen außerhalb der Kirche bedienen, erklärte der Geistliche mit Bezug auf den im Alten Testament erwähnten persischen König Kyros. Darüber hinaus bezeichnete der Priester die sechsstreifige Regenbogenflagge als "eine satanische Fahne".
Ibounigg kritisierte auch Bischöfe, die nicht entschieden genug Stellung bezüglich der Zweigeschlechtlichkeit des Menschen bezögen: „Wo sind die Bischöfe? Das muss ja ein Bischof sagen! Es ist unglaublich!“ Er forderte mehr Mut von kirchlichen Führungspersonen und beklagte eine aus seiner Sicht zunehmende Anpassung der Kirche an den Zeitgeist: „Ich glaube, wir müssen viel beten, dass unsere Bischöfe diesen Mut des Heiligen Geistes haben, nicht hier mitzurennen.“
„Schwer gekränkt und persönlich verletzt“
Das Bistum Graz-Seckau, zu dem Ibouniggs Pfarrei gehört, und die Laienorganisation „Katholische Aktion“ distanzierten sich in einer auf der Webseite des Bistums veröffentlichten Stellungnahme von den Aussagen des Pfarrers. Der Inhalt der Predigt habe „viele Menschen schwer gekränkt und persönlich verletzt“, erklärte das Präsidium der steirischen „Katholischen Aktion“. Eine freie Meinungsäußerung dürfe nur soweit gehen, „dass dadurch niemand in seinen Rechten und seiner Haltung verletzt oder diffamiert wird“.
Zudem berief sich die Organisation auf die Aussage des Pastoraltheologen Paul M. Zulehner, dass Homosexualität weder „göttlicher Pfusch“ noch „Sünde“ sei sowie auf Papst Franziskus, dem eine „Barmherzigkeitspastoral“ wichtiger als eine „Buchstabengerechtigkeit“ sei. Auch distanzierte sich das Präsidium von dem Lob des Pfarrers für Trump. Die vom US-Präsidenten betriebene Machtpolitik in den Vereinigten Staaten sei „mit christlichen Grundsätzen nicht vereinbar“.
„Wenn die Kirche schweigt, dann reden andere“
Der österreichische Neurowissenschaftler und Psychiater Raphael Bonelli verteidigte hingegen Ibounigg. In einem YouTube-Video mit dem Titel „Meine Abrechnung mit der Kirche“ lobte er die Predigt als „Klartext“ und sah darin eine „Revolte der Normalen“. „Jetzt steht plötzlich ein Gottesmann auf und redet Klartext und diese Predigt, die geht viral“, so Bonelli.
„Wenn die Kirche schweigt, dann reden andere, Gott sei Dank!“, stimmte er Ibounigg zu. Der Wissenschaftler kritisierte die Amtskirche, die sich zu sehr dem „Zeitgeist“ anpasse und die „links-woke Welle“ mitmache. „Ich will Ihnen nicht verhehlen, dass ich in den letzten Jahren enttäuscht war über meine Kirche“, so der 56-Jährige Bonelli.
Bonelli zog bezüglich der Predigt Ibouniggs zur derzeitigen politischen Lage Parallelen zur Geschichte. „Der heiligmäßige Graf von Galen hat im Dritten Reich gesagt ‘Nein, die Behinderten dürfen nicht euthanasiert werden’ und das hat eine Bewegung hervorgerufen.“ Aus diesem Grund sei es laut Bonelli manchmal gut, „wenn ein Priester Hinweise gibt, wo die Politik hingehen soll.“ Zudem bedankte sich der Psychiater in dem Video persönlich für den Mut von Pfarrer Ibounigg. DT/jna
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