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Overbeck für Weitung des katholischen Familienbegriffs

Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck plädiert für eine Ergänzung des traditionellen Familienmodells. „Familie ist da, wo mit Kindern gelebt wird“, sagte er.
Familie beim Bummeln in der Stadt
Foto: Peter Kneffel (dpa) | Die Kirche darf nicht unkritisch am traditionellen Familienmodell festhalten, findet der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck.

Die katholische Kirche müsse ihr Verständnis von Familie ausweiten, findet der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck. In einem Interview mit der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) sagte er am Donnerstag, es gebe „vielfältige Konstellationen", in denen Familie gelebt werde. Darum dürfe die Kirche nicht unkritisch am traditionellen Familienmodell festhalten. Ergänzung laute das Stichwort. Und zwar auch, so Overbeck, in Bezug auf homosexuelle Eltern. An erster Stelle müsse das Kindeswohl stehen, so der Bischof.

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Traditionelle Familie nicht automatisch ein Erfolgsmodell

Dass Familie aus katholischer Sicht aus Vater, Mutter und Kind bestehe, bestritt der Bischof nicht. Wörtlich sagte er: „Der Ehebegriff ist im kirchenrechtlichen und im dogmatischen Sinn auf die Verbindung von Mann und Frau ausgelegt.“ Familie gebe es aber auch darüber hinaus.

Während diese Familienstruktur bis in die 1960-er und 1970-er Jahre hinein „vollkommen leitend gewesen“ sei, habe es in den vergangenen 50 Jahren eine Weitung gegeben. Auch wenn die allermeisten Familien als eine Beziehung von Vater, Mutter und Kindern leben und erleben würden, sei damit dennoch nicht ausgesagt, dass Familie ausschließlich so gelingen könne. 

„Familie ist da, wo mit Kindern gelebt wird“

Menschen könnten sich auch in Ehe und Familie einsam fühlen. Es gebe keine Form der Familie, die Stabilität und Geborgenheit garantieren könne. „Familie ist da, wo mit Kindern gelebt wird“, ist Overbeck überzeugt und warnte davor, „völlig unkritisch an nur einer Idealform von Familie festzuhalten“. Und dies auch vor dem Hintergrund, dass sich Großfamilien mit ihren Sorgemöglichkeiten ohnehin auflösten.

Das Wichtigste sei das Kindeswohl. Hier reagierte der Bischof auf die Frage, ob denn auch homosexuelle Paare gute Eltern sein können, mit einer Gegenfrage: „Warum sollten sie es nicht sein?“ Man dürfe nicht moralisieren, sondern müsse „gemeinsam Perspektiven für eine gute Seelsorge aller Familienmodelle mit allen darin lebenden Menschen“ entwickeln und nicht „das verklärte, bürgerliche Ideal des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts über die gesamte Ehe- und Familiengeschichte stülpen“.  DT/dsc

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