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"Nobelpreis für Theologie" geht an Joseph H. H. Weiler

Papst Franziskus überreicht den renommierten Ratzinger-Preis an den französischen Dogmatiker Michel Fedou SJ und den Rechtsgelehrten Joseph Halevi Horowitz Weiler.
Joseph Weiler
Foto: IMAGO/CATHOLICPRESSPHOTO / ipa-agency. (www.imago-images.de) | Joseph Weiler ist ein jüdischer Gelehrter von Weltrang. In den USA gilt er als führender Experte für Europarecht.

Der Ratzinger-Preis – im Volksmund gerne als „Nobelpreis für Theologie“ bezeichnet – wurde heuer an einen Rechtswissenschaftler jüdischen Glaubens verliehen. Das spricht wohl für die Weite beider: des Preises wie des Geehrten. Tatsächlich wurden mit diesem Preis bisher zwei Dutzend Wissenschaftler aus 16 Ländern geehrt, im Vorjahr die Philosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz und der Exeget Ludger Schwienhorst-Schönberger, beide Autoren dieser Zeitung. Nun überreichte Papst Franziskus die Ehrung im Vatikan an den französischen Dogmatiker Michel Fedou SJ und den Rechtsgelehrten Joseph Halevi Horowitz Weiler.

Dessen Weite ist biografisch dokumentiert: Als Sohn eines litauischen Rabbiners im südafrikanischen Johannesburg geboren und in Jerusalem aufgewachsen, studierte und lehrte Weiler Rechtswissenschaften in Brighton, Cambridge, Den Haag, Florenz, Michigan, Harvard und New York. Mit seiner Frau und fünf Kindern lebt er in New York, Florenz und Jerusalem, also vielfach im Flugzeug.

Ratzinger-Preis beweist Weite

Joseph Weiler ist ein jüdischer Gelehrter von Weltrang. In den USA gilt er als führender Experte für Europarecht. In Italien, wo er Präsident des Europäischen Hochschulinstituts (EHI) in Florenz war, wurde er 2010 populär, als er (im Fall Lautsi gegen Italien) vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte dafür stritt, die Kreuze nicht aus den Klassenzimmern zu verbannen. Mit Erfolg übrigens: Kruzifixe in Klassenzimmern verstoßen nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, entschieden die Richter 2011.

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Weniger Wirkung hatte Weilers Plädoyer für die Nennung Gottes in der Europäischen Verfassung. In einem 2003 zunächst auf Italienisch publizierten Essay versuchte der Rechtsgelehrte zu zeigen, „dass ein Bezug auf Gott oder das Christentum nicht nur verfassungsrechtlich akzeptabel, sondern unverzichtbar ist“. Weiler argumentierte in voller Kenntnis der unterschiedlichen Verfassungstraditionen der EU-Mitgliedstaaten. Eine Verfassung sei nun einmal „auch eine Art von Depot, das Werte, Ideale und Symbole, die in einer Gesellschaft geteilt werden, widerspiegelt und schützt“, meinte er.

Die EU-Grundrechtecharta und die damals geplante EU-Verfassung müssten sich mit „Telos“ und „Ethos“ Europas befassen, also mit der Frage, „was Europa sein will und was es ist“. Auch wenn nicht nur der Gottesbezug, sondern die ganze EU-Verfassung scheiterte: Die Argumentation Weilers ist bis heute lesens- und bedenkenswert. Sie steht in der Denktradition von Joseph Ratzinger und rechtfertigt gewiss die Verleihung des Ratzinger-Preises.

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