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Islamologe kritisiert Gebet von Katholiken und Muslimen

Nach der islamisch-christlichen Begegnung in der Pariser Kirche Saint-Sulpice warnt der Islamologe François Jourdan vor den Fallgruben des Dialogs mit dem Islam.
Pariser Kirche Saint-Sulpice
Foto: Jean-Marc Charles via www.imago- (http://www.imago-images.de/) | Für den Dialog mit den Muslimen sei wichtig, die Ambiguität der Worte zu vermeiden, die in den beiden Religionen zwar gleichlauteten, aber eine unterschiedliche Bedeutung tragen, so Pater Jourdan.

In der französischen Zeitschrift „Famille Chrétienne“ erläutert der Islamologe und Pater der Kongregation von Jesus und Maria (auch Eudisten genannt), François Jourdan, in einem Interview mit dem katholischen Magazin vor den Fallstricken des Dialogs mit dem Islam: „Ich halte es für ungeschickt, als Begegnungs- und Gebetsort eine Kirche ausgewählt zu haben. Für die Muslime ist dies eine Vorwegnahme einer fortschreitenden Islamisierung Frankreichs, einschließlich ihrer Gotteshäuser. Das wird freilich nicht so gesagt. Aber es gibt eine Ambiguität. Man hätte es in einem Tagungsraum – entweder einer Pfarrgemeinde oder neben einer Moschee - machen können“.

Jungfräulichkeit Mariens hat keine Bedeutung für Muslime

Man habe zwar „gemeinsam mit Maria“ gebetet, wie es in der Ankündigung zu dem Treffen hieß, doch, so betont Pater Jourdan: „Maria hat in den beiden Religionen absolut nicht die gleiche Bedeutung“. Auch hierbei sei die Ambiguität sehr groß. „Natürlich ist sie im Koran die Mutter Jesu, aber Jesus ist für sie ein muslimischer Prophet“. Darüber hinaus habe „die Jungfräulichkeit Mariens keinerlei Bedeutung für die Muslime“.

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Der christliche und der muslimische Glaube stimmten in diesem Punkt absolut nicht überein, doch dies sei bei dieser Versammlung in Saint-Sulpice nicht deutlich geworden: „Daher ist eine Annäherung nur eine Illusion. Nehmen Sie zum Beispiel Abraham. Er ist der Vater der Juden und der Christen, aber keinesfalls der Muslime. Der Islam ist eine adamische Religion, keine abrahamitische. Daher sind wir alle von Natur aus wie Adam als Muslime geboren“. Die Christen und die Muslime seien sehr viel unterschiedlicher, als gemeinhin behauptet werde.

Auf die Frage, ob es ein gemeinsames Gebet mit den Muslimen geben könne, antwortet Pater Jourdan: „Natürlich nicht.“ Man könne zwar an einem neutralen Ort – weder in einer Kirche noch einer Moschee – „eine Zeit des Gebets abhalten, bei dem jeder zu seinem Gott betet. Das habe ich schon erlebt. Ich bete in meinem Herzen, während der andere auf seine Art betet, die nicht die meine ist“. Einfach deshalb, weil wir „nicht die gleiche Beziehung zu Gott haben“.
Doch selbstverständlich sei der islamisch-christliche Dialog notwendig, meint Pater Jourdan. Doch die Fatiha – die erste Sure des Korans – mit zwei Imamen in einer Kirche beten, wie man es in Saint-Sulpice tat: „Nein, das ist nicht akzeptabel. Die Fatiha ist die erste Sure des Korans, es ist ein rituelles Gebet, das die Muslime siebzehnmal täglich aufsagen. Dieses kurze fundamentale Gebet endet mit den Worten ‚Führe uns nicht den Weg derer, die irregehen‘. Hierbei geht es laut der Gesamtheit der islamischen Auslegungstradition um Christen‘“.

Barmherzigkeit mit anderer Dimension im Koran

Für den Dialog mit den Muslimen sei wichtig, die Ambiguität der Worte zu vermeiden, die in den beiden Religionen zwar gleichlauteten, aber eine unterschiedliche Bedeutung tragen. Etwa das Wort „Barmherzigkeit“. Die Barmherzigkeit des Korans habe nichts mit der der Bibel zu tun, erläutert der Pater: „Warum? Weil Gott für uns Christen und Juden der Erlöser ist, er begibt sich in die menschliche Geschichte hinein, und er gibt sich hin: Dies fehlt im Koran vollständig. Infolgedessen nimmt die Barmherzigkeit eine ganz andere Dimension an. Wenn man nicht genau darlegt, was man mit diesem oder jenem Wort meint, so ist das kein Dialog, es ist Lüge. Man täuscht den anderen, und man täuscht sich selbst. Das ist interreligiöser Obskurantismus“.  DT/ks

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