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Homosexuelle und Unverheiratete: Ein Segen, der nach hinten losgeht

Papst und Glaubenspräfekt lassen die Segnung von Paaren in irregulären Beziehungen zu. Schlau ausgedacht, doch die Folgen könnten fatal sein.
Papst Franziskus billigt Erklärung zum Segen homosexueller Paare
Foto: IMAGO/IPA/ABACA (www.imago-images.de) | Die Zahl der Kardinäle und Bischöfe wird sich vergrößern, die in dem Jesuiten-Papst aus Lateinamerika einen Nachfolger Petri sehen, den man nach dessen Ableben schnell wieder korrigieren muss.

Die jüngste Erklärung der Glaubenskongregation über die Segnungen von Paaren in irregulären Beziehungen ist keine vertiefende Weiterentwicklung einer bereits bestehenden Lehre oder pastoralen Praxis. Es ist ein Bruch, auch wenn der Glaubenspräfekt Victor Kardinal Fernández jetzt in „Fiducia supplicans“ schreibt, dass es nur darum gehe, „die Bedeutung der Segnungen weiter zu fassen und zu bereichern“.

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Mit dem Reskript vom 22. Februar 2021 hatte der damalige Glaubenspräfekt Luis Kardinal Ladaria erklärt, dass es niemandem erlaubt ist, Beziehungen zu segnen, in denen „eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe“ gelebt wird. Die von Papst Franziskus bestätigte und sicher auch gewünschte Erklärung vom heutigen Tag führt die Neuigkeit ein, dass dies doch möglich ist. 

Den Ärmel geweitet

Um das schreiben zu können, macht Kardinal Fernández den Ärmel etwas weiter und führt lang und breit aus, dass Segnungen auch im Sinne einer spontanen, eher der Volksfrömmigkeit entsprechenden Weise erteilt werden können: Ohne entsprechendes Ritual, „außerhalb eines liturgischen Rahmens“, „in einem Bereich größerer Spontaneität und Freiheit“, wie es in der Erklärung heißt. So wie Priester Autos segnen, oder Ostereier, die Kinder mit in den Kommunionunterricht bringen. Mit den klassischen Segen oder dem Segnen einer gerade geschlossenen Ehe habe das nichts zu tun.

Aus diesem Grund „soll vermieden werden, Feierformen der ‚liturgischen Feier‘ in Andachtsübungen hineinzutragen, die ihren eigenen Stil, ihre Schlichtheit und ihre eigene Sprache bewahren sollen“ – eben auch in die Segnungen von Paaren, die in irregulären Beziehungen leben. Die Seelsorger sollen also unterscheiden, wo klassische Segensfeiern mit festgelegten liturgischen Texten zu begehen sind, und wo man spontan im Sinne einer reinen Andachtsübung etwas segnet, was „aus objektiver Sicht moralisch inakzeptabel“ ist.

Die Queer-Lobby triumphiert

Pastoraltheologen und Dogmatiker guten Willens werden das alles säuberlich voneinander trennen können. Die Seelsorger in der Praxis sicher nicht. Denn die Queer-Lobby in der Kirche wird es sich nicht entgehen lassen, diesen Bruch in der bisherigen Haltung der Kirche weidlich auszunutzen. Und nicht nur das. Nach dem Motto „Sie bewegt sich doch“ wird man eine ganze Reihe von Änderungen in der Praxis erleben. 

Download: Grundsatzerklärung "Fiducia supplicans"

Die Kirche gibt auch mit der jüngsten Erklärung der Glaubenskongregation ihre Ehelehre nicht auf, auch nicht das dreistufige Weiheamt. Aber bei der Laienpredigt, der zivilen Wiederheirat oder der Ausgestaltung von Paarsegnungen wird man jetzt immer auf Rom verweisen, wo ein gütiger Papst im Grund nichts dagegen hat, dass das Volk Gottes nicht mehr auf hartherzige Zurückweisungen stößt.

Die Kirche spaltet sich weiter

Beschädigt sind jetzt die Bischöfe, Seelsorger, Theologen und Katecheten, die die bisherigen Äußerungen des römischen Lehramts immer verteidigt haben. Sie werden einen schweren Stand haben. Aber noch eine ganz andere Wolke braut sich zusammen: In traditionell denkenden und empfindenden Kreisen der Kirche, man denke etwa an die Gläubigen in den USA, macht sich immer mehr das Diktum breit, dass Franziskus in Sachen Treue zur althergebrachten Kirchenlehre ein Wackelkandidat sei. Für diese Kreise ist die jüngste Erklärung der Glaubenskongregation wie Wasser auf den Mühlen.

Der Spalt in der katholischen Kirche wird sich verbreitern und die Zahl der Kardinäle und Bischöfe – mögen sie schon aus dem Amt gejagt sein oder nicht – wird sich vergrößern, die in dem Jesuiten-Papst aus Lateinamerika einen Nachfolger Petri sehen, den man nach dessen Ableben schnell wieder korrigieren muss. Aber dann wird es zu spät sein. Die einsamen Entscheidungen von Franziskus schweißen das Volk Gottes nicht zusammen, sondern reißen es auseinander – in einer Zeit, in der eine von Gewalt und Kriegen zerrissene Welt das Licht einer geeinten römischen Kirche bräuchte.

Lesen Sie weitere Hintergründe zur neuen Grundsatzerklärung des Glaubensdikasteriums in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".

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