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Gänswein: Benedikt ist „Vater der Transparenz“

Auch gegen inneren Widerstand habe Benedikt XVI. die Kirche auf den Weg der Aufklärung und Aufarbeitung von Missbrauch gebracht, so Erzbischof Gänswein. Kritik übt er am Synodalen Weg.
Gänswein übte auch grundsätzliche Kritik am Synodalen Weg
Foto: Evandro Inetti via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Gänswein übte auch grundsätzliche Kritik am Synodalen Weg und betonte, dieser sei eine Veranstaltung, „die nicht einer Synode entspricht“.

Eine Woche nach der Veröffentlichung des persönlichen Briefs Benedikts XVI., in dem dieser zu den Vorwürfen bezüglich seines Umgangs mit Missbrauch in der katholischen Kirche Stellung nimmt, hat sein Privatsekretär, Kurienerzbischof Georg Gänswein, die Rolle des emeritierten Papstes in der Aufklärung und Aufarbeitung von Missbrauch hervorgehoben.

Benedikt: "Wir dürfen nicht vertuschen"

Im ausführlichen Gespräch mit dem katholischen Fernsehsender „EWTN“ in Rom bezeichnete Gänswein den emeritierten Papst als „Vater der Transparenz“. Kardinal Ratzinger sei der entscheidende Mann gewesen, der gegen inneren Widerstand als Präfekt der Glaubenskongregation „zu Transparenz nicht nur geraten hat, sondern zu Transparenz geschritten ist“. Auch als Papst habe er diese Linie dann weiterverfolgt.

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Benedikt habe immer gesagt: „Jedes Missbrauchsopfer ist zu viel, jede Tat ist zu viel, und sie ist letztlich auch nicht mehr gutzumachen.“ Benedikts Haltung habe sich diesbezüglich nicht geändert. „Er war von Anfang an überzeugt, es müssen Ross und Reiter beim Namen genannt werden, wir dürfen nicht vertuschen.“ Aus dieser Überzeugung heraus habe der emeritierte Papst auch ein konkretes Handeln zu generieren versucht, so Gänswein: Entscheidend sei für ihn die Frage gewesen: „Was muss der Vatikan, was muss die Kirche tun, um tatsächlich zu diesem Ziel zu kommen?“

 

Gleichzeitig ließ Gänswein Zweifel daran erkennen, ob nach Veröffentlichung des Briefes sowie des begleitenden Faktenchecks der Berater Benedikts tatsächlich alle Verdachtsmomente der Gläubigen ausgeräumt seien. „Wenn ich das beurteilen könnte, wäre mir viel wohler. Ich weiß es nicht 100-prozentig.“ In den Medien habe er, auch länderspezifisch, sehr unterschiedliche Reaktion wahrgenommen. Kritisch sieht Gänswein den Umgang mit dem Emeritus in seinem Heimatland Deutschland. Dort habe man immer wieder versucht, „dem Papst irgendetwas zu unterstellen“. Er habe „eine maßlose Voreingenommenheit gegen die Person und eine nicht minder maßlose Unkenntnis der Fakten“ vorgefunden, so der 65-Jährige. 

Skeptisch, dass Synodaltexte in Rom auf Akzeptanz stoßen

Auf die Frage, ob die Vorwürfe gegen Benedikt auch mit dem Synodalen Weg in Deutschland und dessen Reformabsichten zusammenhingen, meinte Gänswein, darüber könne man nur spekulieren. Es sei jedoch klar, „dass bestimmte Ziele des Synodalen Wegs selbstverständlich etwas sind, wofür das Werk oder die Person Benedikts XVI. im Wege steht“. 

Gänswein übte auch grundsätzliche Kritik am Synodalen Weg und betonte, dieser sei eine Veranstaltung, „die nicht einer Synode entspricht“. Die im Zuge des Reformprozesses verabschiedeten Texte hätten „keinerlei Bindung, schon gar nicht in die Weltkirche hinein“. Er sei auch überzeugt, dass sie für den Prozess der Weltsynode „unfruchtbar“ seien. Der Erzbischof wörtlich: „Wenn ich eine andere Kirche will, die nicht mehr von der Offenbarung her begründet ist, wenn ich eine andere Struktur der Kirche will, die nicht mehr sakramental ist sondern pseudo-demokratisch, dann muss ich auch sehen, dass das mit dem katholischen Kirchenverständnis nichts zu tun hat.“  DT/mlu

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