Am Montagabend war im Ersten die Dokumentation „Wie Gott uns schuf. Coming Out in der Katholischen Kirche“ zu sehen. Im Rahmen der konzertierten Aktion #OutInChurch bekennen sich 125 kirchliche Angestellte – viele davon zum ersten Mal – öffentlich dazu, lesbisch, schwul, bi, trans, inter, queer oder non-binär zu sein. Der Film porträtiert Menschen, die gegenüber ihrem kirchlichen Arbeitgeber ihre sexuelle Orientierung und gleichgeschlechtliche Beziehung verheimlichen, da sie andernfalls mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen haben.
Die Geschichten machen betroffen
Das Narrativ ist einfach und effektvoll: Mutige Menschen, die von der katholischen Kirche jahrelang in ein Versteckspiel und Lügenkonstrukt gezwungen wurden, treten nun in einem kollektiven Befreiungsschlag ans Licht. Und tatsächlich: Die Geschichten machen betroffen. Viele der sympathischen Menschen haben schmerzliche Erfahrungen von Ablehnung hinter sich. Manche führten ein jahrzehntelanges Doppelleben in ständiger Angst, entdeckt zu werden. Wer schon einmal versucht hat, eine wichtige Sache über längere Zeit vor seinem direkten Umfeld geheim zu halten, kann sich entfernt vorstellen, wie psychisch belastend dies sein muss.
Nur: Worum geht es hier? Der Titel der Aktion #OutInChurch spielt nicht nur auf das Outing der Teilnehmer an, sondern stellt indirekt auch die Frage, wer in der Kirche ist oder sein darf und wer nicht. Aber genau darum geht es beim Umgang mit queeren Menschen im kirchlichen Dienst eben nicht. Es geht bei der Frage des Arbeitsrechts nicht um Angenommensein, Akzeptanz und Diskriminierung, sondern um die Spielregeln einer Gemeinschaft. Man kann die Spielregeln der Kirche doof finden, ihnen aber nicht vorwerfen, Menschen in ein Doppelleben zu zwingen. Die Grundordnung des kirchlichen Dienstes erwartet von kirchlichen Arbeitnehmern eine Ausrichtung ihres Lebens an der katholischen Glaubens- und Sittenlehre. Jedem Arbeitnehmer ist vor Antritt seiner Stelle voll bewusst, dass er hier eine Loyalitätsverpflichtung eingeht, die sein Privatleben einschließt.
Bischöfe spielen Rolle medialer Inszenierung
Es ist fadenscheinig aber effektvoll, Doppelmoral und Unaufrichtigkeit aufseiten der Kirche zu verorten und ihr damit auf dem Synodalen Weg eine Änderung ihrer Sexualmoral abringen zu wollen. Leider sitzen auch Bischöfe der Verwechslung zwischen den verschiedenen Ebenen auf und spielen damit die ihnen zugedachten Rolle in der medialen Inszenierung zur Perfektion. „Wir haben ein Menschenbild, das uns sagt, dass jede Person unbedingt von Gott geliebt ist“, bezeigt der Aachener Bischof Dieser im Namen der Bischofskonferenz Unterstützung für #OutInChurch. Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen, kann aber weder für die Einführung von Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare, noch für die Änderung der kirchlichen Spielregeln als Argument herhalten.
Wer dennoch so argumentiert, unterhält ein gravierendes Missverständnis über das Wesen der Kirche. Die Kirche ist nicht dazu da, jeden Lebensentwurf unterschiedslos zu billigen, sondern, um uns Heilung zu bringen! Genau darum kommen die Menschen im Evangelium zu Jesus. Heilung brauchen wir ausnahmslos alle, sowohl von den Verletzungen, die andere uns zugefügt haben, als auch von unserer eigenen Schuld. Deswegen sind in der Kirche auch ausnahmslos alle Menschen willkommen, die sich von Jesus Rettung und Heilung erhoffen.
Wer Handball spielen möchte, aber irgendwie im Fußballverein gelandet ist, sollte sich auf Fußball einlassen oder den Verein wechseln, anstatt den Fußballern vorzuwerfen, Handball zu diskriminieren. Natürlich könnte der Verein als Ganzes entscheiden, in die Handball-Fraktion zu wechseln. Der ganze Verein ist aber größer als der synodale Sturm im Wasserglas. Die Kirche in Deutschland fällt weltkirchlich zahlenmäßig kaum ins Gewicht. Wer hier menschliche Schicksale dazu benutzt, um eine Änderung der kirchlichen Lehre zu Ehe und Sexualität herbeizuführen, der spielt mit Hoffnungen, die am Ende nur enttäuscht werden können.
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