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Eucharistie: Die höchste Form der Liebe

Eucharistie als Anbetung kann die Herzen wandeln und von der tätigen Nächstenliebe nicht zu trennen. 
Eucharistische Anbetung während der Vigil des Kölner Weltjugendtags 2005
Foto: Wolfgang Radtke | Die eucharistische Anbetung während der Vigil des Kölner Weltjugendtags 2005 hat viele geistliche Berufungen gestärkt.

DieEucharistie ist Ursprung, Quelle, Höhepunkt und Zukunft der kirchlichen communio mit dem auferstandenen Herrn und den Gläubigen untereinander. Tagtäglich wird die Kirche aus seinem geöffneten Herzen neu geboren. Hier ist der Ursprung aller anderen Sakramente, die die Begegnung von Mensch und Gott in dieser Welt ermöglichen. Zugleich schenken sie uns auch untereinander eine neue, tiefe Gemeinschaft, die nicht von uns gemacht ist, sondern aus Gnade von Gott geschenkt wird.

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Immer zum Tabernakel

1966 ging ich zur Frühkommunion und danke Gott, dass mir diese Gnade als Fünfjährigem geschenkt wurde. Auch das hat das Konzil bewirkt: einen neuen Zugang trotz vieler Verflachungen, die es anschließend gegeben hat. Kindern konnte so ein guter Weg gezeigt werden. Leider aber gibt es auch Gefahren der Verwässerung gerade in Bezug auf den Eucharistischen Glauben.
Wenn wir nicht mehr diesen innersten Kern wahrnehmen, wenn wir nicht mehr wissen, dass unsere Kirchen nur deshalb Orte der Kultur geworden sind, weil sich in ihnen der größte Kult offenbart, dann ist die Substanz unseres Glaubens bedroht. Wie viel kalte Asche bedeckt die Herzen der Menschen, die seit ihrer Erstkommunion und Firmung die Gegenwart Jesu im Sakrament seiner Liebe vergessen haben oder vielleicht nie kennenlernen konnten.

Als ich noch Kaplan in Bochum-Stiepel war, ging mein erster Weg bei der Ministrantenstunde mit den Kindern immer zum Tabernakel. Ich lud die Kinder ein, alles dem Herrn zu sagen, was sie auf dem Herzen hatten. Es war mir wichtig, dass sie wissen, es gibt jemanden, bei dem ich anklopfen kann, vor dessen Gegenwart ich meine Knie beuge. Wenn wir das nicht mehr tun, wenn wir nicht mehr aus der Orthopraxie die Orthodoxie erlernen, schwindet der Glaube. Deshalb sind die Anbetung und Verherrlichung die höchste Form der Liebe und diese wird gegenwärtig in jeder Heiligen Messe, egal ob im außerordentlichen oder im ordentlichen Ritus. Auch die „neue Messe“ ist, wenn man sie ordentlich feiert, das gleiche Kreuzesopfer.

Vigil in Köln 

Wer von Ihnen 2005 beim Weltjugendtag in Köln gewesen ist, kann sich vielleicht noch erinnern. Ich war damals fast 20 Jahre jünger und habe eine Nacht lang Anbetung gehalten. Das Schlafen in einem Müllsack war mir nicht möglich, weil es zu kalt war, aber das Herz hat gebrannt von der Gegenwart des Herrn. Wenn eine Million junger Menschen zusammen sind und wirklich daran glauben, dass der Herr hier gegenwärtig ist, dann ist das Erneuerung der Kirche in der Praxis: Ich glaube daran, dass der Herr bei uns ist und zwar nicht als ein Stück Brot, das nicht lebt, sondern als Brot, das lebt und Leben gibt, als lebendiger Herr!

Benedikt XVI. sagte damals: Ein Akt der Brutalität wird zum größten Akt der Liebe, denn es gibt „keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde“, ja sogar für seine Feinde „hingibt“. Hier geschieht „der zentrale Verwandlungsakt, der allein wirklich die Welt erneuern kann: Gewalt wird in Liebe umgewandelt und so Tod in Leben. Weil er den Tod in Liebe umformt, darum ist der Tod als solcher schon von innen her überwunden und Auferstehung schon in ihm da.“

Aktive Teilnahme

Eucharistie als Anbetung bedeutet dann unsere freudige Ganzhingabe an den Herrn und mit ihm an den Vater im Heiligen Geist. Anbetung ist, wie Joseph Ratzinger sagt, „ihrem Wesen nach immer Liebe in ihrer höchsten Form“. Das beginnt damit, dass ich mich vom Herrn in seiner Liebe waschen lasse im Zeichen des Kreuzes, im Schuldbekenntnis, in der Beichte, in Akten der Reue, dass ich mich von Seinem Wort treffen lasse, um umgestaltet zu werden in der Kraft des Heiligen Geistes und Ihn anzuziehen, den meine Seele liebt. Es ist, wie Papst Franziskus sagt, „der Geist, der uns in das Pascha-Mysterium eintaucht, unser ganzes Leben umwandelt und uns immer mehr Christus gleichgestaltet.“

Wir dürfen nie vergessen, dass wir uns nicht selbst feiern, sondern dass wir das nur mitvollziehen, was Christus für uns vollzieht, die tiefste Anbetung im Heiligen Geist durch die Hingabe seines eigenen Lebens zur Vergebung der Sünden. Zu dieser Feier sammelt Christus seine Kirche als das neue Volk Gottes, das stets der Reinigung bedarf, um eucharistiefähig zu werden.
Wie also können wir uns von dieser Dynamik Christi, von der barmherzigen Liebe Gottes wieder neu erfassen lassen? Indem wir die participatio actuosa (die aktive Teilnahme an der Liturgie) nicht auf ein oberflächliches Agieren reduzieren, sondern uns von diesem Geschehen erfassen lassen. Je mehr mein Herz brennt, desto mehr nehme ich aktiv teil an der Hingabe des Herzens Jesu an den Vater im Heiligen Geist.

Stehen vor Gott

Je mehr ich mich selbst durch diesen Liebesbrand Gottes entzünden lasse, umso mehr sehe ich auch die Armen, die meine Hilfe brauchen. Deshalb ist Mutter Teresa die Patronin der Armen geworden, weil sie so sehr den Herrn liebte in seiner eucharistischen Gegenwart wie in den Armen. Ein Grund ihrer vielen Gründungen in der ganzen Welt war, dass sie überall einen Tabernakel aufstellen wollte als „Feuerherd der Liebe“, damit die Menschen wissen, dass hier lebendig das Feuer der Liebe Gottes für uns brennt in seiner lebendigen Gegenwart. „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Matthäus 25, 40) Die konkrete Barmherzigkeit – wie es Papst Franziskus und Mutter Teresa betonen – und die Verehrung des Allerheiligsten im Sakrament des Altares gehören zusammen, weil wir hier wie dort Gott begegnen. Es gilt zu erkennen, dass wir hier wie dort gleichsam unsere Schuhe in Ehrfurcht ausziehen müssen, da wir Gott begegnen (Exodus 3, 5).

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„Wir stehen vor Gott – er spricht mit uns, wir mit ihm“, so Papst Benedikt XVI. 2007 bei seiner Rede in Heiligenkreuz. „Wo immer man bei liturgischen Besinnungen nur darüber nachdenkt, wie man Liturgie attraktiv, interessant, schön machen kann, ist Liturgie schon verfallen. Entweder ist sie opus Dei mit Gott als dem eigentlichen Subjekt oder sie ist nicht.“ Der Papst bat darum: „Gestaltet die heilige Liturgie aus dem Hinschauen auf Gott in der Gemeinschaft der Heiligen, der lebendigen Kirche aller Orten und Zeiten so, dass sie zu einem Ausdruck der Schönheit und Erhabenheit des menschenfreundlichen Gottes wird!“

Das Herz des Herrn

Diese Mitte ist letztlich der wiederkommende Christus, wie wir in der erneuerten Liturgie nach der Wandlung beten: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit“. Es wird also das ganze Heilsgeheimnis gegenwärtig und Christi Wiederkunft schon vorweggenommen, im Bewusstsein, dass uns der Bogen der Heilsgeschichte Gottes umschließt.

Am Ende seines Lebens, so wird von Thomas von Aquin berichtet, kniete dieser „stundenlang in der Kapelle vor dem Tabernakel und hatte seinen Kopf an die Tabernakeltür“ gelegt. „Auf die Frage einer seiner Mitbrüder, warum er so nahe dem Tabernakel sei, gab er die berührende Antwort: ,Ich höre darin das Herz des Herrn schlagen.‘“ Gott sehnt sich nach uns. Überhören wir nicht den Schlag seines Herzens, das zu uns spricht: „Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe!“ (Johannes 15, 9)

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