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Die Umerziehung geht weiter

Bevor Papst Franziskus der Kurienreform mit einer Apostolischen Konstitution einen äußeren Rahmen gibt, will der das Innere der Oberen im Vatikan verändern.
Papst Franziskus
Foto: Gregorio Borgia (AP) | „Ohne unsere Kleider, Vorrechte, Rollen und Titel sind wir alle Aussätzige, die der Heilung bedürfen“, sagte der Papst vor der römischen Kurie.

Wer erwartet hatte, dass Papst Franziskus in der Ansprache vor Weihnachten an die Kardinäle und Oberen im Vatikan den Abschluss der Arbeiten an der Kurienreform erklären und die Veröffentlichung der entsprechenden Konstitution ankündigen würde, sah sich getäuscht. Als der Papst am Donnerstagvormittag mit der Spitze der Römischen Kurie zusammenkam, um Ihnen seine Weihnachtswünsche mit in die Ferientage zu geben, sprach er zunächst über die Demut als den Weg, den der Herr gewählt habe, um in die Welt zu kommen.

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Er lobte die Demut des Syrers Naaman, des vom Aussatz befallenen Generals, der den einfachen Anweisungen des Propheten Elischa folgte. Dieser sei ein Vorbild auch für die Kirchenoberen von heute, die die Merkmale ihrer Herausstellung ablegen sollten: „Ohne unsere Kleider, Vorrechte, Rollen und Titel sind wir alle Aussätzige, die der Heilung bedürfen“, sagte der Papst. 

Haltungen, um Ruhmsucht und Stolz abzulegen

Und Franziskus ließ wie immer Stichworte folgen, er nannte Haltungen, um – gerade auch im Herzen der Kirche – Ruhmsucht und Stolz abzulegen: Erinnern, das heißt „ins Innere zurückholen“, was der Heilige Geist einst im eigenen Herzen brennen ließ. Als zweites „Neues hervorbringen“, nicht in der Wiederholung des stets Gleichen zu erstarren. Da sprach er dann auch den synodalen Weltprozess an: Wenn das Wort Gottes die ganze Welt an den Wert der Armut erinnere, „müssen wir, die Mitglieder der Kurie, die Ersten sein, die sich zu einer Umkehr zur Nüchternheit verpflichten. Wenn das Evangelium Gerechtigkeit verkündet, müssen wir als Erste versuchen, transparent zu leben, ohne Begünstigungen und Seilschaften. Wenn die Kirche den Weg der Synodalität einschlägt, müssen wir die Ersten sein, die sich auf einen anderen Arbeitsstil, auf Zusammenarbeit, auf Gemeinschaft umstellen.“
 
Und als drei weitere Stichworte nannte der Papst des synodalen Prozesses: die Teilhabe, die Gemeinschaft und die Sendung. Alles Haltungen, die er der Kernmannschaft der katholischen Weltkirche verordnen möchte. Franziskus hält an der Hauptmission seines Pontifikats fest: der Römischen Kurie, dem Vatikan, das Gefühl zu nehmen, ein exklusiver Club zu sein. Er will die Kurialen in ihren Haltungen und in ihrem Denken verändern, ihnen jede Suprematie, jeden Anflug eines irgendwie gearteten Machtgefühls oder eines kurialen Dünkels austreiben.

Das konkrete Regelwerk steht noch aus

Doch das konkrete Regelwerk der Kurien-Organisation, die Konstitution „Praedicate evangelium“ – wie sie ja heißen soll –, steht noch aus. In der letzten Zusammenkunft der den Papst beratenden Kardinäle wurde nicht mehr über sie gesprochen. Wer das als Anzeichen gedeutet hatte, ihre Veröffentlichung stünde unmittelbar bevor, ist am vergangenen Donnerstag leer ausgegangen. Franziskus will die Kurie noch ein wenig umerziehen, bevor er ihr eine definitive Geschäftsordnung gibt.

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