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Das Sonnenwunder von Fatima: Das Zeichen am Himmel

Ein Meilenstein in der Geschichte Portugals: Am 13. Oktober 1917 sahen Tausende in der Cova da Iria das Sonnenwunder von Fatima. Von Manfred Hauke
Sonnenwunder von Fatima
Foto: KNA | Die Augenzeugenberichte des Sonnenwunders lassen keinen Zweifel am übernatürlichen Geschehen zu.

In ihrem Hirtenbrief zum 25jährigen Jahrestag der Marienerscheinungen von 1917 schrieben die portugiesischen Bischöfe im Jahre 1942: „Es ist nicht zu leugnen, dass große Wunder geschehen sind, vollständige und schnelle Heilungen, die nicht mit natürlichen Kräften erklärt werden können … die großen Wunder von Fatima bestehen nicht in den wunderbaren Heilungen oder den dort erlangten zeitlichen Gnaden verschiedener Art; sie vollziehen sich im Inneren der Seelen, im Verborgenen der Gewissen … Wer vor 25 Jahren seine Augen geschlossen hätte und sie heute wieder öffnen würde, er würde Portugal nicht mehr wiedererkennen“.

In der Tat ist der Gegensatz offenkundig: 1917 wurde Portugal von einer kirchenfeindlichen Regierung geleitet, deren Vertreter der Kirche ihr baldiges „Begräbnis“ voraussagten; 1942 hingegen, 25 Jahre nach den Marienerscheinungen von Fatima, waren die kirchenfeindlichen Gesetze abgeschafft und das Leben der Kirche erlebte einen neuen Frühling.

Anerkannt hatte der Bischöfe von Fatima, mit vorausgehender „stillschweigender“ Zustimmung von Papst Pius XI., die Marienerscheinungen von 1917 am 13. Oktober 1930. Am 13. Mai 1931 hatten die portugiesischen Bischöfe ihr Land feierlich dem Unbefleckten Herzen Mariens geweiht. Portugal blieb daraufhin das Schicksal des Bürgerkrieges erspart, der das Nachbarland Spanien heimsuchte, aber auch die Verwicklung in den Zweiten Weltkrieg.

Diese Entwicklung ist kaum denkbar ohne das Sonnenwunder vom 13. Oktober 1917. Am bekanntesten ist das Zeugnis des liberalen Journalisten Avelino de Almeida, der in der wichtigsten Tageszeitung Portugals (O Seculo) am Samstag, dem 13. Oktober (kurz dem Sonnenwunder), einen hämischen Bericht veröffentlichte über die Scharen der Menschen, die bei strömendem Regen zur „Cova da Iria“ strömten und ganz bestimmt enttäuscht würden.

Die Voraussagung des Sonnenwunders von Fatima

In der Tat hatte die Gottesmutter am 13. Juli 1917 vorausgesagt, dass zur Mittagszeit des 13. Oktobers 1917 ein großes Wunder geschehen werde. Begleitet wurde der Reporter von einem jüdischen Fotografen, der eindrucksvolle Aufnahmen gemacht hat (die in der kritischen Dokumentation der Ereignisse von Fatima, herausgegeben vom Fatima-Heiligtum, konsultiert werden können). In seinem Artikel vom Montag, 15. Oktober, beschrieb der Journalist, wie die Sonne über Fatima „tanzte“. Er wusste sich das Ereignis nicht zu erklären – darüber möge sich die Wissenschaft oder die Kirche kümmern – aber er konnte nicht leugnen, was er mit eigenen Augen gesehen hatte.

Ein Augenzeugenbericht

Zu den Augenzeugenberichten gehört auch das des Rechtsanwaltes José Maria de Proença de Almeida Garrett. Er begleitete seine gläubigen Eltern aus Anstandsgründen und erwartete keineswegs ein Wunder. Garrett kam gemeinsam mit seinen Eltern mit dem Auto und beobachtete den Ort der Erscheinungen aus etwa hundert Metern Entfernung. Wie De Almeida, berichtet auch er, wie auf das Wort von Lucia hin die Menschenmenge die Regenschirme schloss, obwohl der Regen noch nicht aufhörte. Um 13.30 Uhr, gemäß der von der Regierung verordneten Kriegszeit, aber um 12 Uhr gemäß der Sonnenzeit, „erhob sich, genau dort, wo sich die Kinder befanden, eine Rauchsäule, fein, zart und bläulich, die gerade bis zu vielleicht zwei Metern über den Köpfen aufstieg, um sich dann in der Höhe zu verlieren.

Dieses Geschehen, bestens sichtbar mit bloßem Auge, dauerte einige Sekunden. … Der Rauch löste sich schnell auf; kurz danach wiederholte sich das Geschehen ein zweites und ein drittes Mal“. Garrett dachte, dass die Wolken vielleicht von einem Weihrauchfass kommen könnten. „Später sagten zuverlässige Personen, dass dieses Ereignis auch gewöhnlich am 13. Tag der fünf vorausgehenden Monate geschehen sei, und dass an diesen Tagen man nie etwas verbrannt habe oder Feuer gemacht habe.“

Plötzlich erschallten Tausende von Stimmen. Die Sonne durchbrach die dichte Wolkendecke. Man konnte sie ansehen, ohne dem Auge weh zu tun. Sie schien wie der Glanz einer Perle. Nebel gab es nicht. „Der Himmel war übersät von hellen Zirruswölkchen, die hie und da die Himmelbläue freigaben, und manchmal stand die Sonne ganz auf blauem Hintergrund. Die Wolken zogen von West nach Ost, aber sie verdunkelten das Licht der Sonne nicht. Man gewann den Eindruck, als wanderten sie hinter der Sonne vorbei, obgleich sie sich manchmal rosa getönt oder durchsichtig blau zeigten, als sie an der Sonne vorbeizogen. … Die Sonnenscheibe blieb aber nicht ruhig am Himmel stehen, … sondern drehte sich in irrem Wirbel um sich selbst. Plötzlich ertönten Angstschreie aus der Menge. Die Sonne schien sich, wild drehend, vom Firmament zu lösen und auf die Erde zu stürzen, so als wollte sie uns mit ihrer gigantischen Glut vernichten. Während des Sonnenphänomens (…) wechselten die Farben in der Atmosphäre. Während ich zur Sonne schaute, stellte ich fest, dass sich rings um mich alles verdunkelt hatte. Ich richtete meine Augen zuerst auf die nächstgelegenen Objekte und dann weiter bis zum Horizont. Alle Gegenstände rings um mich hatten die Farbe von Amethysten angenommen. Eine Eiche neben mir warf einen Schatten dieser Farbe auf die Erde. Ich fürchtete, meine Netzhaut habe Schaden genommen, allerdings eine unwahrscheinliche Erklärung, denn in diesem Falle sähe man ja nicht alles purpurn gefärbt. Ich schloss die Augen und bedeckte sie mit den Händen, um den Lichteinfall zu unterbrechen. Nun stellte ich mich mit dem Rücken zur Sonne und öffnete die Augen. Die Landschaft hatte jedoch die purpurne Farbe wie zuvor. Eine Sonnenfinsternis war das aber auch nicht! Während ich noch zur Sonne schaute, stellte ich fest, dass die Atmosphäre wieder klar geworden war. Kurz darauf hörte ich einen Bauern in meiner Nähe erstaunt ausrufen: ,Seht, diese Frau ist ganz gelb!‘ Und wirklich, alles rings um mich, nah und fern, sah aus wie alter, gelber Damast. (…) Dieses von mir beschriebene Phänomen habe ich in gesunder geistiger Verfassung und ohne emotionale Störungen erlebt. Ich überlasse es Anderen, dies alles zu erklären.“

Die durchnässten Kleider trockneten in Windeseile

Wichtig ist bei diesem Bericht, dass die Sonne nicht nur um sich selbst zu kreisen schien, sondern in einem bestimmten Moment den Eindruck erweckte, auf die Erde zuzustürzen. Viele andere Zeugnisse bestätigen diese Beobachtung. „Dies ist vielleicht das eindrucksvollste, aber auch rätselhafteste Detail beim Sonnenwunder“, schreibt Stanley Jaki, Physiker und Theologe, Autor eines Buches über das Sonnenwunder. Nicht zu vergessen ist die von anderen Zeugen erwähnte Tatsache, dass nach dem etwa zehn Minuten währenden Sonnenphänomen die durchnässten Kleider der Menschen plötzlich trocken waren.

Ganze Bücher sind über das Sonnenwunder geschrieben worden (eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse finden sich im Artikel des Verfassers in Theologisches 47, 1–2/2017, Sp. 7–36). Für die Astronomen war klar, dass nicht die Sonne selbst „tanzen“ konnte, denn dann wäre die gesamte Ordnung des Kosmos erschüttert worden.

Eine Massensuggestion?

Manche Zeugen dachten an die Möglichkeit einer Massensuggestion entsprechend der damals für möglich gehaltenen Theorie des französischen Psychologen Gustave Le Bon. Abgesehen von der heutigen Erkenntnis, dass es eine kollektive Halluzination gar nicht gibt – Halluzinationen sind immer individuell –, spricht gegen eine solche Erklärung die Tatsache, dass an anderen Orten (etwa in dem 18 Kilometer entfernten Dorf Albutirel) die gleichen Phänomene beobachtet wurden. Eine Vielzahl von subjektiven, „einbildlichen“ Visionen – so erklären besonders „feinsinnige“ Theologen alle Marienerscheinungen – ist ebenfalls auszuschließen, die da verschiedenen Beschreibungen einander entsprechen. Die wenigen Personen, die nichts wahrnahmen, waren so aufgeregt, dass ihr Wahrnehmungsvermögen beeinträchtigt war. 

Es handelte sich eindeutig um einen empirisch wahrnehmbaren Vorgang. Meteorologische Phänomene dürften eine Rolle gespielt haben – für das Kaleidoskop der Farben durch Eiskristalle –, reichen aber offenbar nicht aus, den gesamten Vorgang zu erklären, wozu der Eindruck gehört, die Sonne stürze auf die Erde herab. Falls der empirische Vorgang natürlich erklärbar sein sollte, würde auf jeden Fall die Voraussage drei Monate zuvor menschliche Kräfte übersteigen. Am plausibelsten ist die Erklärung als Wunder im strikten Sinne, das heißt als unmittelbares Einwirken Gottes in unsere empirische Welt, um ein Zeichen zu setzen.

Manche protestantische Beobachter denken an ein Wirken des Teufels, der in der Tat auch bei falschen „Marienerscheinungen“ seine Hände im Spiel haben kann. Dämonische Machttaten sind von den Wundern Gottes nicht immer leicht zu unterscheiden, aber sie verraten sich durch ihren widergöttlichen Zusammenhang: Ungehorsam gegenüber der Autorität der Kirche, falsche Voraussagen etcetera. Das Sonnenwunder von Fatima steht hingegen in einem positiven Zusammenhang: die Glaubwürdigkeit der Seher, die eingetroffene Voraussage des Wunders, die gründliche Prüfung durch die Kirche, die geistlichen Früchte etcetera.

Die theologische Deutung

Für die theologische Deutung ist zunächst auf die Auskunft der Gottesmutter weisen vom 13. Mai zu verweisen. Auf die Frage „Woher kommen Sie?“ antwortete Maria: „Ich komme vom Himmel“. Der „Himmel“ ist das Verbundensein mit Gott jenseits der irdischen Vergänglichkeit. Maria, wie Jesus, ist bereits mit Leib und Seele aufgenommen in die himmlische Herrlichkeit. Das „Drehen“ der Sonne, aber auch die Blitze, welche die Marienerscheinungen in der „Cova da Iria“ ankündigten, weisen auf eine überirdische Wirklichkeit, die unseren Sinnen entzogen, aber doch ganz real ist.

Hilfreich ist auch ein Blick auf „Sonnenwunder“ in der Heiligen Schrift. Am nächsten liegt dabei der Bezug auf die Endzeitrede Jesu: „in jenen Tagen, nach der großen Not, wird sich die Sonne verfinstern, und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden“ (Markus 13, 24; vgl. Matthäus 24, 29). „… am Himmel wird man gewaltige Zeichen sehen … Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen … Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke kommen sehen“ (Lukas 21, 11.25–27). In einem endzeitlichen Zusammenhang erscheint das Sonnenwunder wie eine prophetische Vorahnung für das Jüngste Gericht und die Erneuerung des Kosmos nach der Wiederkunft Jesu.

Die Kirche und Maria – ein vielschichtiges Sinnbild

Zu den Zeichen der Endzeit gehört auch die Gottesmutter selbst. Papst Paul VI. begann seine Enzyklika zum 50jährigen Jahrestag der Marienerscheinungen von Fatima (1967) mit den Worten Signum magnum, „Das große Zeichen“: „Das Große Zeichen, das der heilige Apostel Johannes am Himmel sah (Offenbarung 12, 1), die Frau, von der Sonne umkleidet, wird von der Liturgie der katholischen Kirche zurecht gedeutet als die Allerseligste Jungfrau, die, aufgrund der Gnade Christi, die Mutter aller Menschen ist.“

Im zwölften Kapitel der Offenbarung des Johannes geht es um die endzeitliche Auseinandersetzung der Kirche, die mit marianischen Zügen geschildert wird, mit den Mächten des Bösen, versinnbildet im roten Drachen, der das von der „Frau“ geborene Kind verschlingen will. Die zwölf Sterne in der Krone der Frau weisen auf die zwölf Stämme des Volkes Israel, das in der von Christus gegründeten Kirche seine Vollendung findet. Im Zeichen der von der Sonne bekleideten Frau fließen die Wirklichkeit der Kirche und deren personaler Kern in der Gottesmutter Maria in einem vielschichtigen Sinnbild zusammen. Die Kirche, nach der Offenbarung des Johannes, wird verfolgt, gelangt aber durch den Beistand Gottes zum Sieg.

Die beschriebene Endzeit

Die von der Offenbarung des Johannes beschriebene Endzeit erstreckt sich auf die gesamte Kirchengeschichte, erlangt aber einen Höhepunkt in der Zeitspanne vor der Wiederkunft Christi zum Weltgericht. Nach der Theologie des heiligen Ludwig Maria Grignion de Montfort hat Maria eine besondere Aufgabe für die Vollendung des Heiles in der Geschichte: „Durch Maria hat das Heil der Welt begonnen, durch Maria muss es auch vollendet werden.“ „Da sie der Weg ist, auf dem Jesus Christus das erste Mal zu uns kam, wird sie es auch bei seiner zweiten Ankunft sein, jedoch auf andere Weise.“

Unter den Erwägungen, dass durch Maria das Reich Christi komme, findet sich folgender Gedanke: „Während der Endzeit wird Maria mehr als je hervortreten durch ihre Barmherzigkeit, Macht und Gnade. Durch ihre Barmherzigkeit wird sie liebevoll die armen Sünder und Verirrten heimholen und aufnehmen; diese werde sich bekehren und zur katholischen Kirche zurückfinden. Ihre Macht wird sie zeigen gegen alle Feinde Gottes, die sich in furchtbarer Auflehnung erheben … Mariens Gnade aber wird die treuen Diener und Streiter Jesu Christi beseelen und aufrichten.“

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