Die Antworten der Gottesdienstkongregation auf die Anfragen zur praktischen Auslegung des Motu proprio „Traditiones custodes“ verhärten die Front zwischen dem Vatikan und den Traditionalisten. Aus dem gesamten Duktus des Textes spricht eine gewisse Ungeduld, endlich einen Schlussstrich unter das Thema „alte Messe“ zu ziehen. Die für die Traditionalisten im deutschsprachigen Raum entscheidende Frage wird allerdings gar nicht gestellt.
Petrusbruderschaft nicht betroffen
Wie verhalten sich die Bestimmungen der Gottesdienstkongregation zum Eigenrecht, das Gemeinschaften wie die Petrusbruderschaft für sich beanspruchen? Mit anderen Worten: Was ist dran an der Stellungnahme der Petrusbruderschaft, man sei von den Bestimmungen nicht direkt betroffen und werde das Dokument erst einmal studieren? Unklar bleibt, warum die mit Rom verbundenen Gemeinschaften, die die alte Messe feiern, das Sakrament der Beichte nicht mehr spenden dürfen sollen, solange die Gläubigen es bei der Piusbruderschaft gültig empfangen dürfen.
Gleiches gilt für das Sakrament der Trauung. Eine solche Regelung wäre der kürzeste Weg, um die traditionsverbundenen Gläubigen direkt in die Arme der Piusbruderschaft zu treiben. Falls aber nur Diözesanpriester, die vom Ortsbischof ausdrücklich für die Seelsorge der traditionsverbundenen Gläubigen und die Feier der alten Messe geweiht worden sind, gemeint sein sollen – in keinem deutschen Bistum ist dieser Fall bisher bekannt – wäre eine Klarstellung hilfreich. Das Dokument schafft jedenfalls zusätzliche Verwirrung.
Hoffnung auf Ortsbischöfe
Bemerkenswert ist, dass der bereits in Traditionis custodes geäußerte Vorwurf der Spaltung wiederholt wird, in dem sich die Anhänger der alten Messe nicht als solche wiederfinden. Er mag in Einzelfällen begründet sein – doch solche Einzelfälle gibt es, wie die Segnungsfeiern Homosexueller zeigen, auch unter den Anhängern des Messbuchs Pauls VI.. Man darf gespannt sein, ob einzelne Ortsbischöfe den geradezu beispiellosen Vertrauensverlust in die Leitungskompetenz der Hirten wenigstens teilweise wieder auffangen können. Die heftigen Reaktionen in den sozialen Netzwerken lassen keinen Zweifel daran, dass das Versöhnungswerk von Papst Benedikt XVI. nun zerstört ist.
Lesen Sie mehr über das Responsum zu den Dubia bezüglich des Apostolischen Schreibens in Form eines Motu Proprio "Traditiones custodes" in der kommenden Ausgabe der Tagespost.