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Theologin: "Es geht auch um die Verantwortung der Gläubigen"

Professorin Marianne Schlosser äußert sich im Domradio-Interview über mögliche Auswege aus dem „Kommunionstreit“.
Hostie
Foto: dpa | Die Interkommunion bleibt ein heikler Punkt in der Ökumene.

Marianne Schlosser, Leiterin Fach Theologie der Spiritualität an der Universität Wien, Beraterin der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz und Mitglied der päpstlichen Internationalen Theologischen Kommission, hat sich in einem Interview mit dem Domradio (Köln) zur Frage der „Interkommunion“ geäußert. Das Sakrament der Eucharistie ist Schwerpunkt ihrer theologischen Forschungsarbeit.

Für Schlosser ist Kommunion zunächst „Begegnung“. Bereits vor fünf Jahren hatte sie während eines Vortrags zum Eucharistischen Kongress in Köln gesagt, dass man den Herrn nicht wie ein Stück Brot essen könne, sondern ihn empfangen und erkennen müsse: „Nach katholischem Verständnis bleiben die Empfangenden nicht passiv, sondern sie übergeben sich an Christus, lassen sich hineinnehmen in seine Lebenshingabe an Gott Vater. Das bedeutet natürlich auch, die Kommunion im Zusammenhang mit der Kirche als dem Leib Christi zu verstehen, in den die Kommunizierenden immer tiefer eingefügt werden“.

Zur Frage, ob das Auseinanderfallen der Dogmatik einerseits und der pastoralen Praxis anderseits nicht zu einer „Doppelmoral“ führe, gibt Marianne Schlosser drei Punkte zu bedenken: „Der erste Punkt ist, dass man jemanden an der Kommunionbank in den seltensten Fällen zurückweist. Das ist sozusagen eine klassische Regel, die man auch bei Albert dem Großen lesen kann. Manchmal kann man, ja muss man etwas übersehen, beispielsweise um einen günstigeren Zeitpunkt für die Klarstellung abzuwarten“. Ein zweiter Punkt sei, „dass Bischöfe und Priester als eine erste Verantwortlichkeit die Verkündigung haben, also dass es nicht geht, dass man zu Dingen einfach schweigt oder sie laufen lässt, sondern dass diese Pflicht, den Glauben auch zu verkündigen, gerade durch das Zweite Vaticanum ausdrücklich eingeschärft worden ist“.

Im dritten Aspekt spricht die Theologin alle Gläubigen an: „Es geht auch um die Verantwortung der Gläubigen. Die Gläubigen sollen Kenntnis davon haben, was sie tun, was die Eucharistie ist, was sie bedeutet, damit sie auch ihr Gewissen daran bilden können. Man kann nicht das Gewissen bilden, wenn man gar nicht weiß, worum es eigentlich geht. Das ist eine Aufgabe, die aus der Taufe resultiert und die für einen mündigen Glaubensvollzug erfüllt werden muss. Glauben hat eine innere Dynamik, wachsen zu wollen. Wenn jemand weiß, was das Sakrament der Eucharistie ist, was es bedeutet, dann wird auch das Staunen und die Freude am Glauben vertieft werden. Wenn jemand davon zu wenig weiß, dann könnte der Glaube auch schwächer oder manche Dinge gleichgültiger werden. Auch das ist eine Gefahr, die mit Nichtwissen verbunden ist: Relativismus“.

DR (Interview: Jan Hendrik Stens) / DT (Josef Bordat)

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