Seit gut zwölf Monaten bestimmen Turbulenzen um die Aufklärung sexueller Missbrauchsfälle das Bild und die Selbstwahrnehmung des Erzbistums Köln. Nun greift der Vatikan spät ein. Die Apostolische Visitation durch den Stockholmer Bischof Kardinal Arborelius und den Vorsitzenden der Niederländischen Bischofskonferenz Bischof van den Henden in Rotterdam ist eine glatte Abfuhr an den liberalen Flügel der Kirche in Deutschland.
Resultat der Visitation darf nicht verfälscht werden
Wäre der Papst deren Vorstellungen gefolgt, so hätte Münsters Bischof Genn als Dienstältester der Rheinischen Kirchenprovinz im Auftrag des Heiligen Stuhls über Woelkis Zukunft mitentschieden. Auch hat der Vatikan davon abgesehen, die vorliegenden Rücktrittsgesuche aus Köln zügig anzunehmen. Dass nun zwei Visitatoren von außen, darunter ein Kardinal aus einer Diasporakirche, in der man deutsche Fehlentwicklungen durchaus aufmerksam registriert, die Lage im Erzbistum Köln prüfen, ist keine Frage des episkopalen Statusdenkens: Es geht nicht darum, dass Kardinäle unter sich bleiben, sondern dass das Gift, das sich über den Synodalen Weg im Boden des deutschen Katholizismus verbreitet, nicht noch das Resultat einer Visitation verfälscht, in der die Lager aneinandergeraten.
Es geht auch nicht allein um Woelki – auch wenn dessen Gegner alles unternommen haben, um den Konflikt auf ihn zuzuspitzen. Dass der Konflikt im Erzbistum nach der Veröffentlichung des Missbrauchsberichts erneut eskalierte, konnte man zuletzt am Protest der Kreis- und Stadtdechanten ablesen. Im Unterschied zu Verstimmungen im Domkapitel, mit dem auch Woelkis Vorgänger Meisner durchaus nicht immer harmonisch zusammenarbeitete, löste deren Widerstand Alarmstimmung aus. Das heutige Treffen des Kardinals mit den Kreis- und Stadtdechanten dürfte nun anders verlaufen als geplant. Der Papst gibt dem Erzbistum eine Chance für Klärungen statt das Fallbeil zu schwingen.
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