Wie Geheimdienste, Banken und Konzerne mit schmutzigem Geld die Welt erobern, beschreibt Tom Burgis, Enthüllungsjournalist bei der „Financial Times“ und Erfolgsautor in seinem neuen Sachbuch „Kleptopia“. Und es liest sich düsterer und spannender als so mancher Thriller.
„Ein globales Netz der Korruption von Peking über Harare bis Riad und von Paris bis zum Weißen Haus ist gespannt. Mit dem dort vorhandenen schmutzigen Geld wird die Weltwirtschaft überflutet, Diktatoren werden ermutigt und gestützt und Demokratien geschwächt“, erläutert der vielfach preisgekrönte Journalist im Gespräch mit der „Tagespost“.
Ein im Geheimen agierendes globales Netzwerk
In seinem packenden, im Westend Verlag erschienenen Tatsachenbuch beschreibt der Autor unter anderem die Geschichten eines Mannes aus England, der über die Geheimnisse einer Schweizer Bank stolpert, einen ehemaligen sowjetischen Milliardär, der ein privates Imperium aufbaut, einen rechtschaffenen kanadischen Anwalt mit einem mysteriösen Klienten und einen von der CIA geschützten Gauner aus Brooklyn. Das Erschreckende: Der Autor hat sich nicht im stillen Kämmerlein eine hoch spannende und verwickelte Geschichte ausgedacht. Was er beschreibt, ist eine Realität, die das tatsächliche Ausmaß der uns täglich umgebenden und vor nichts haltmachenden Kriminalität sichtbar macht. Dabei entlarvt er ein im Geheimen agierendes globales Netzwerk, in das, so Burgis, auch vermeintlich unbestechliche westlichen Regierungen verstrickt seien.
„Die Kleptokratie erobert die Welt“, stellt der Autor fest. In Demokratien gebe es in der Regel zwar ein gut aufgestelltes System gegen Korruption, in das auch die Medien fest integriert seien. „In einer Kleptokratie jedoch ist die Korruption das System. Es ist der Weg der Machtsicherung, des Machterhalts, das, was die Maschinerie am Laufen hält“, so Burgis. In den letzten 30 Jahren hätten Kleptokratien damit begonnen, sich weltweit auszudehnen – und nicht nur das: Aus Kleptokratien wie Russland, China und in Westafrika seien zudem globale Allianzen entstanden. Diese hätten wiederum demokratische Strukturen infiltriert. „Dazu gehören westliche Banken, machtvolle Politiker im Westen und große Anwaltskanzleien“, berichtet Burgis der „Tagespost“.
Kleptokratien verbünden sich
Diese Netzwerke seien in den vergangenen Jahren immer stärker und einflussreicher geworden. Burgis beschreibt in seinem Buch ausführlich, wie das System funktioniert. „Es hat inzwischen bereits mehr Einfluss auf unseren Alltag, als wir es uns überhaupt vorstellen können“, betont der Autor.
Burgis erklärt, wie sich autoritäre Herrscher mit ihren Clans in dem kleptokratischen System bereichern. Kritiker werden ausgeschaltet, Journalisten verfolgt. „Wir importieren diese ungezügelte Macht, die auf Gewalt basiert, in unseren westlichen Ländern“, erläutert Burgis, der fünf Jahre an seinem Buch recherchierte. „Sie kommt mit ihrem schmutzigen Geld zu uns.“ Unsere westlichen Finanzzentren und eine mangelhafte Aufsicht machten dies möglich. Gerade westliche Banken würden es den Kleptokraten ermöglichen, ihren Ländern Geld zu entziehen und es für eigene Zwecke zu waschen, stellt Burgis fest. In London werde mehr Geld als irgendwo sonst „auf magische Weise transformiert“. Die entsprechenden Staaten maskierten sich in ihrer Außendarstellung zuweilen als Rechtsstaat, schaue man unter diese Camouflage, entdecke man schnell mafiöse Strukturen.
Einflussnahme auf verschiedenen Wegen
Kleptokratien versuchen laut Burgis auf unterschiedlichen Wegen Einfluss auf demokratische Staaten zu gewinnen. Einer davon sei das Aufbauen von Nähe zu prominenten Politikern und ehemals politisch Verantwortlichen demokratischer Staaten, die in ihren Ländern Vertrauen genießen. Kasachstans Staatschef Nursultan Nasarbajew habe das mit Tony Blair praktiziert, Gerhard Schröder betreibe Lobbyarbeit für Wladimir Putin. Auch aus anderen Ländern gebe es viele Beispiele für solche politischen Verknüpfungen.
Burgis fordert ein starkes internationales Vorgehen gegen diese Art der Kriminalität. Und er ergänzt: „Eine unabhängige Justiz ist der beste Schutzwall gegen Korruption.“
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