Es war ein Wahlkampfauftakt, den die ÖVP am Freitagnachmittag im oberösterreichischen Wels inszenierte, doch ein Termin für die Nationalratswahl 2024 steht noch immer nicht fest. In der ÖVP wird noch darüber gebrütet, ob eine Zusammenlegung der österreichweiten Wahl mit der Europawahl am 9. Juni strategisch günstiger sei als eine reguläre Nationalratswahl Ende September. Laut Umfragen muss die Kanzlerpartei jedenfalls mit dramatischen Verlusten rechnen und damit, dass die oppositionelle FPÖ unter Herbert Kickl zur stimmen- und mandatsstärksten Kraft wird.
In seiner Rede in Wels rief Nehammer darum das Kanzlerduell zwischen ihm und Kickl aus, mutmaßlich vor allem, um SPÖ-Chef Andreas Babler klar auf den dritten Platz zu verweisen. In Wels präsentierte der Bundeskanzler und ÖVP-Chef aber vor allem seinen themenreichen „Österreichplan“, eine Art Wahlprogramm, aus dem die ÖVP in den Tagen zuvor bereits einzelne Forderungen und Thesen gezielt hatte durchsickern lassen, etwa zum Thema „Gendern“.
"Hype" um Genderthemen besondere Herausforderung für junge Menschen
„Der gegenwärtige Hype rund um Gender-Themen und -Ideologien ist für Kinder und Jugendliche eine besondere Herausforderung“, heißt es nun in Nehammers „Österreichplan“. Die Gefahr sei, dass Minderjährige sich dazu verleiten ließen, „fragwürdige Therapien in Anspruch zu nehmen – mit nicht abschätzbaren Folgen für ihr weiteres Leben“. Nehammer ist deshalb für ein Verbot von Hormonbehandlungen bei Jugendlichen unter 18 Jahren. Auch müsse der Schutz von Kindern im Internet gezielt weiterentwickelt werden. Reduzieren will Nehammer das „übertriebene Gendern in der Verwaltung“ und nennt dabei Bayern als Vorbild. Auch an Schulen und Hochschulen soll künftig „Gendern nicht prüfungsrelevant“ sein.
Breiten Raum nimmt die Familie im „Österreichplan“ ein. Nehammer will etwa die Kinderbetreuung massiv ausbauen, damit die Wahlfreiheit der Eltern nicht an fehlender Kinderbetreuung scheitert: „Wahlfreiheit heißt, dass Frauen selbst entscheiden können, wie schnell sie nach der Geburt eines Kindes wieder in den Beruf einsteigen und wie ihr individuelles Familien- und Lebensmodell aussehen soll.“ Zu diesen Zweck plädiert der ÖVP-Kanzler auch für die Einführung einer Großelternkarenz und den Bezug von Kinderbetreuungsgeld, wenn Großeltern an Stelle der Eltern Betreuungspflichten wahrnehmen. DT/sba
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