Ja, es ist legitim, wenn ein Fernsehsender wie Welt TV selbst Nachrichten produziert. Bei vielen journalistischen Kollegen, die den Springer-Leuten nun vorwerfen, hier Politik zu boulevardisieren, um die eigene Reichweite zu steigern, mag auch viel Neid im Spiel sein.
Aber was soll daran falsch sein? Politik gehört auf die Straße, denn da sind die Menschen. Und warum soll nicht Unterhaltung Leute für politische Streitthemen sensibilisieren, die vielleicht nicht den Leitartikel der FAZ lesen, aber diesen rhetorischen Wettkampf spannend finden. Die Freude am agonalen Prinzip steckt nun einmal in jedem Menschen. Der sportliche Aspekt kommt in unserer sowieso sehr schnarchigen und trägen Debattenkultur im Vergleich zur angelsächsischen Tradition viel zu kurz.
Die Königinnen des Populismus haben an Strahlkraft verloren
Aber auch inhaltlich brachte die Debatte Erkenntnisse: Sie hat diesen beiden Königinnen des Populismus viel an Strahlkraft genommen. Keineswegs wurde hier ein Starkult getrieben, in der Bilanz hatte dieser Abend eine entzaubernde Wirkung. Und zwar für Wagenknecht wie für Weidel. Wobei insgesamt Wagenknecht mehr Punkte machen konnte. Sie präsentierte sich als die intellektuell Versiertere von beiden. Und die BSW-Gründerin war auch besser vorbereitet. Den Vorwurf von Weidel, Wagenknecht habe die Wirtschaftssysteme von Venezuela und Nordkorea verteidigt, parierte sie sofort. Das sei 15 Jahre her. Und in der Tat, wie überzeugend auch immer, heute beruft sich Wagenknecht gerne auf Ludwig Erhard.
Schließlich: Die große Querfront zwischen AfD und BSW ist auch nicht zu erwarten. Die meiste Übereinstimmung besteht zwar in die Ukraine-Frage, aber trotzdem zeigten sich auch viele Brüche im Menschenbild.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.