Wer in Russland gegen Putins Angriffskrieg demonstriert oder auch nur spricht, wird niedergeprügelt und verhaftet. Viele Bürger der Russischen Föderation haben jedoch auf eine andere, nachhaltigere Weise gezeigt, dass sie bei Putins Kurs nicht länger an Bord bleiben wollen. 419.000 Menschen sind nach offiziellen Angaben der russischen Statistikbehörde bereits im ersten Halbjahr 2022 ausgewandert.
Russlands Bevölkerung schrumpft bereits länger
Ja, das hat mit Putins Krieg zu tun, denn diese Zahl markiert eine Trendwende: Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion war Russland stets ein Zuwanderungsland. Vor allem Menschen aus anderen ehemaligen Sowjetrepubliken suchten hier Arbeit oder waren unternehmerisch aktiv. Seit der Invasion vom 24. Februar hat sich das dramatisch gedreht.
Russlands Bevölkerung schrumpfte bereits länger aufgrund von „natürlichem Bevölkerungsschwund“, also weil – wider alle staatliche Familien-Propaganda – die Russen viel zu wenige Kinder kriegen, um die Bevölkerung stabil zu halten. Jetzt schrumpft sie zusätzlich, weil fast hunderttausend Menschen mehr aus- als einwanderten.
Nicht nur politische Kritiker des Putin-Regimes, für die ein Leben in der Heimat immer gefährlicher wird, kehren Russland den Rücken. Auch junge Spezialisten und Facharbeiter wandern im Gefolge des Rückzugs westlicher Unternehmen ab. Ein Blick auf bestimmte Länder Ost- und Südosteuropas lehrt: Junge, mehrsprachige, gut ausgebildete und arbeitswillige Menschen wandern dann aus, wenn sie in der eigenen Heimat keine Zukunft für sich und ihre Familien sehen. Schneller als die uniformierten Säulen seiner Macht haben diese Menschen offenbar verstanden, dass Wladimir Putin gerade dabei ist, sein eigenes Land zu ruinieren.
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