Das Verhältnis zwischen dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump und den Evangelikalen scheint immer angespannter. Am Montag erhob Trump, der sich 2024 abermals für die Republikaner um die Präsidentschaft bewerben will, heftige Vorwürfe gegen führende Vertreter der Religionsgruppe, die ihn 2016 und 2020 mit überwältigenden Mehrheiten unterstützte.
Im Gespräch mit dem rechten Sender „Real America’s Voice“ nannte Trump führende Evangelikale, die ihm bislang noch kaum Unterstützung für eine weitere Präsidentschaftskandidatur aussprachen, „illoyal“. Gleichzeitig relativierte Trump, dass ihn dies aber „nicht wirklich“ interessiere. „Im politischen Geschäft herrscht viel Illoyalität“, so Trump.
Nicht dagewesen, um zu kämpfen
Der 76-Jährige verwies darauf, dass niemand mehr für den Lebensschutz getan habe „als Donald Trump“. Als Beispiel nannte er die Tatsache, dass er drei konservative Richter an den Obersten Gerichtshof des Landes, den „Supreme Court“, berufen habe, die schließlich dafür gestimmt hätten, das umstrittene Grundsatzurteil „Roe v. Wade“ zu kippen. „Sie haben etwas bekommen, wofür sie ganz viele Jahre gekämpft haben“, so Trump über amerikanische Lebensrechts-Aktivisten.
Trump machte die mangelnde Unterstützung seiner vormaligen Kernwählerschaft auch als Grund für das im Vergleich zu den Erwartungen nur mäßige Abschneiden der Republikaner bei den Kongresswahlen im vergangenen November aus. Er sei „etwas enttäuscht“ gewesen, „denn ich dachte, sie hätten bei den Wahlen 2022 viel härter kämpfen können“, so der Ex-Präsident. Trotz des neuen Grundsatzurteils in der Abtreibungsfrage, mit dem jeder Bundesstaat wieder selbst über die Abtreibungsgesetzgebung entscheiden kann, wären viele Abtreibungsgegner „nicht dagewesen, um zu kämpfen, und das hat den Demokraten Auftrieb gegeben“.
Viele machen Trump für mäßiges Wahlergebnis verantwortlich
Bei den Kongresswahlen konnten die Republikaner das Repräsentantenhaus nur mit einer knappen Mehrheit zurückerobern, während sie im Senat sogar einen Sitz an die Demokraten verloren. Viele Beobachter machen Trump für das Wahlergebnis verantwortlich, da dieser vor der Wahl zahlreiche sehr radikale republikanische Kandidaten unterstützt hatte, die sich oft nicht gegen ihre demokratischen Konkurrenten durchsetzen konnten.
Zudem taten sich bei den Kongresswahlen andere aussichtsreiche republikanische Politiker hervor, wie etwa Floridas Gouverneur Ron DeSantis, der mit deutlicher Mehrheit im Amt bestätigt wurde. Auch innerhalb der Partei sehen viele DeSantis als gemäßigtere Alternative zu Trump. Aufgrund des noch offenen Rennens unter den Republikanern scheinen sich führende Vertreter der Evangelikalen bislang noch nicht auf einen Kandidaten festlegen zu wollen. Ob sie sich wieder hinter Trump versammeln, falls dieser die Nominierung seiner Partei gewinnen sollte, gilt aber nicht als sicher. Bei den Präsidentschaftswahlen 2016 hatten 77 Prozent der Evangelikalen für Trump gestimmt, 2020 waren es sogar 84 Prozent.
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