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Sterbehilfe mit Sicherheitsgurt

Österreichs Verfassungsgerichtshof hebt einige gesetzliche Hürden als verfassungswidrig auf, bleibt aber grundsätzlich bei der Suizid-Prävention.
Symbolbild für Sterbehilfe
Foto: IMAGO/Detlef Heese (www.imago-images.de) | Als „wichtiges Signal, dass am Vorrang der Suizidprävention grundsätzlich festgehalten wird“, begrüßte die Direktorin des „Instituts für Medizinische Anthropologie und Bioethik“ (IMABE), Susanne Kummer, das Urteil.

Das grundsätzliche Verbot einer „Mitwirkung an der Selbsttötung“ (Suizidhilfe) verstößt nicht gegen die österreichische Verfassung und bleibt aufrecht. Das entschied in Wien der Verfassungsgerichtshof, der aber keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das „Sterbeverfügungsgesetz“ und die darin geregelten Voraussetzungen hat, unter denen eine sterbewillige Person Hilfe zur Selbsttötung in Anspruch nehmen kann.

Die Anträge, die der Entscheidung zugrunde liegen, wurden 2023 von einem Verein und vier Personen, darunter zwei Schwerkranken und einem Arzt, eingebracht. Sie argumentierten, dass durch die vorgeschriebenen „zeitraubenden und kostspieligen“ Formalitäten leidenden Menschen ein rascher, begleiteter und selbstbestimmter Tod unter Inanspruchnahme der Hilfe Dritter praktisch unmöglich gemacht werde. 2020 hatte der Verfassungsgerichtshof auf Antrag derselben Kläger einen Teil des Straftatbestands des Verbrechens der Mitwirkung an der Selbsttötung als verfassungswidrig aufgehoben. Das damalige Gesetz verstieß laut den Richtern gegen das Recht auf Selbstbestimmung, weil es jede Art der Hilfeleistung unter allen Umständen verbot.

Suizid mit Hilfe Dritter ermöglicht

Daraufhin wurde 2021 das Sterbeverfügungsgesetz erlassen. Es besagt, dass, wer sein Leben selbst beenden möchte, unter bestimmten Voraussetzungen eine Sterbeverfügung errichten kann und dann die Hilfe Dritter in Anspruch nehmen darf. Voraussetzung ist, dass die sterbewillige Person an einer unheilbaren, zum Tod führenden Krankheit oder an einer schweren, dauerhaften Krankheit mit anhaltenden Symptomen leidet. Eine Sterbeverfügung ist schriftlich vor einem Notar zu errichten, und dies nach der Aufklärung des Patienten durch zwei Ärzte, die unabhängig voneinander bestätigen, dass die sterbewillige Person entscheidungsfähig ist und einen freien, selbstbestimmten Entschluss gefasst hat.

Damit wurde der Straftatbestand der „Mitwirkung an der Selbsttötung“ (Paragraf 78 Strafgesetzbuch) neu gefasst: Die Hilfeleistung ist straflos, wenn die sterbewillige volljährige Person an einer unheilbaren tödlichen oder schweren dauerhaften Krankheit leidet, nach dem Sterbeverfügungsgesetz ärztlich aufgeklärt worden ist und die Hilfe nicht aus einem verwerflichen Beweggrund erfolgt; eine wirksame Sterbeverfügung muss aber nicht vorliegen. Laut dem am Freitag publizierten Urteil ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, dass eine sterbewillige Person durch zwei Ärzte aufgeklärt werden muss, wobei einer eine palliativmedizinische Qualifikation aufzuweisen hat. Diese Regelung soll sicherstellen, dass die sterbewillige Person eine informierte Entscheidung treffen kann.

Das Werbeverbot wird relativiert

Es sei sachlich aber nicht gerechtfertigt, dass als Folge der Unwirksamkeit der Sterbeverfügung unter allen Umständen nach einem Jahr die sterbewillige Person für die neuerliche Sterbeverfügung das gesamte im Gesetz vorgesehene Verfahren durchlaufen muss. Zur Beseitigung dieser Verfassungswidrigkeit hat der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge „sowie nach Ablauf eines Jahres nach ihrer Errichtung“ im Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben.

Das im Gesetz ebenfalls enthaltene Verbot der Werbung für die Hilfeleistung zur Selbsttötung wurde nur insoweit als verfassungskonform beurteilt, als es sich auf das „Anpreisen“ bezieht. Es sei jedoch verfassungswidrig und verstoße gegen das Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung, dass das Gesetz auch unter Strafe stellt, wenn jemand die eigene oder fremde Hilfeleistung oder Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zur Selbsttötung geeignet sind, unter Hinweis auf die Eignung anbietet oder ankündigt.

Entscheidung, die nicht rückgängig zu machen ist

Als „wichtiges Signal, dass am Vorrang der Suizidprävention grundsätzlich festgehalten wird“, begrüßte die Direktorin des „Instituts für Medizinische Anthropologie und Bioethik“ (IMABE), Susanne Kummer, das Urteil. Bestätigt werde das geltende Verbot der Suizidhilfe und die im Gesetz genannten Bedingungen. Diese Schutzmechanismen seien wie ein „Sicherheitsgurt, der verhindert, dass Menschen – sei es unter äußerem oder selbst auferlegtem Druck – eine Entscheidung treffen, die nicht mehr rückgängig zu machen ist, weil sie mit ihrem Tod endet“, so Kummer gegenüber der Nachrichtenagentur „Kathpress“.

Die Legalisierung des Assistierten Suizids führe laut internationalen Studien zu einem signifikanten Anstieg der Gesamtzahl der Suizide, so Kummer. Mit seinem Urteil habe der Verfassungsgerichtshof bestätigt, „dass die Aufgabe des Staates in erster Linie die Prävention von Suiziden ist, nicht deren Ermöglichung“, so die IMABE-Direktorin.  DT/sba

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