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Showdown in Nahost

Israel hat der Hisbollah den Krieg erklärt, aber der Libanon droht daran zu kollabieren. Der Panik wird das Chaos folgen.
Israel greift Ziele im Libanon an
Foto: IMAGO/Marwan Naamani (www.imago-images.de) | Die Aufnahme zeigt Rauchwolken nach den Einschlägen von israelischen Raketen nahe des südlibanesischen Dorfs Arab Salim.

Israels Regierung hat den Krieg nach Norden verlagert. Nicht mehr die sunnitische Hamas in Gaza, deren militärische Schlagkraft gebrochen wurde, sondern die schiitische Hisbollah im Libanon ist nun der Feind, gegen den die Regierung Netanjahu Krieg führt. Nicht ohne Grund: Mit Drohnen- und Raketenangriffen hat die Hisbollah den Norden Israels praktisch unbewohnbar gemacht; 60.000 Israelis mussten ihre Häuser verlassen. Doch mit welchen Mitteln und welchem Ziel setzt Israel nun auf Eskalation?

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Die den Süden des Libanon kontrollierende Hisbollah mit ihren 160.000 Raketen und einer praktisch unbeschränkten Unterstützung aus dem Iran ist von ganz anderer Größe und Kraft als die Hamas im bettelarmen Gazastreifen. Wenn Netanjahu fast ein Jahr brauchte, um die Hamas niederzuringen, dann müssen Israelis und Libanesen sich nun auf einen langen, zähen, risiko- und verlustreichen Krieg einstellen. Benjamin Netanjahu weiß, dass der Iran seine Hisbollah nicht einfach opfern und den Libanon nicht aus der Hand geben wird. Will Israels Ministerpräsident vielleicht den Iran selbst zum Showdown zwingen?

Wird der Libanon zu einem zweiten Gaza?

Allein die israelischen Luftangriffe zu Beginn dieser Woche haben mindestens 500 Menschen das Leben gekostet und 1.600 schwer verwundet. Im Süden des Libanon brach Panik aus. Ihr wird das Chaos folgen, denn der Libanon ist wirtschaftlich längst ruiniert, seine Staatlichkeit ist seit Jahren schwer beschädigt und wartet geradezu auf den Todesstoß. Soll nun das biblische „Land der Zedern“, der einst blühende und christlich geprägte Libanon zu einem zweiten Gazastreifen werden?

Die Zeit der wechselseitigen Nadelstiche scheint vorbei: Nicht mehr vereinzelte Raketen, gezielte Tötungen hinter der Front, begrenzte Kommandoaktionen prägen das Bild, sondern breitflächige Luftangriffe, die eine Bodenoffensive vorbereiten. Alle Zutaten für einen regionalen Krieg, dessen Dauer und Ausweitung niemand zu steuern vermag, liegen bereit. 

Und während die Beobachtermission der Vereinten Nationen im Libanon (UNIFIL) ihr eigenes Personal in Sicherheit bringt, wagt sich die Volksrepublik China – zunächst rhetorisch – an die Front, kritisiert Israels „wahllose Angriffe auf Zivilisten“, sichert dem Libanon Unterstützung beim Schutz seiner Souveränität zu. Hat der sich anbahnende Regionalkrieg auch das Potenzial eines Weltkriegs?

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Stephan Baier Benjamin Netanjahu Hamas Hisbollah UNO

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