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Russland sieht sich im „Heiligen Krieg“

Eine imperiale Agenda vertritt der von Patriarch Kyrill präsidierte „Weltrat des russischen Volkes“. Er leugnet die Existenz einer ukrainischen Identität, rechtfertigt Putins Krieg und sieht den Westen als Satan verfallen.
Patriarch Kyrill vertritt Agenda  des "Weltrat des russischen Volke"
Foto: ROK | Der "Weltrat des russischen Volke", dem der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill vorsteht, ist dafür, dass dass „das gesamte Territorium der modernen Ukraine in die ausschließliche Einflusszone Russlands fallen“ müsse.

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine sei „eine neue Etappe im nationalen Befreiungskampf des russischen Volkes gegen das kriminelle Kiewer Regime und den dahinterstehenden kollektiven Westen“. Diese mit der Kreml-Propaganda kompatible Sicht vertritt der sogenannte „Weltrat des russischen Volkes“, der am 27. und 28. März unter dem Vorsitz des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill in Moskau tagte. Die vom Kreml so titulierte militärische Spezialoperation verteidige „das russische Volk, seine Freiheit, seine Staatlichkeit, seine zivilisatorische, religiöse, nationale und kulturelle Identität sowie das Recht, auf seinem eigenen Land innerhalb der Grenzen eines einzigen russischen Staates zu leben“, heißt es in dem verabschiedeten Dokument.

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Und weiter: „Aus spiritueller und moralischer Sicht ist die militärische Spezialoperation ein Heiliger Krieg, in dem Russland und sein Volk, indem sie den spirituellen Raum des Heiligen Russlands verteidigen, die Mission erfüllen, die Welt vor dem Ansturm des Globalismus und dem Sieg des Westens, der dem Satanismus verfallen ist, beschützen.“

Imperialistische Agenda

Der Kongress fordert laut dem Dokument, das auf der offiziellen Internetseite des Moskauer Patriarchats (patriarchia.ru) im Wortlaut veröffentlicht wurde, dass „das gesamte Territorium der modernen Ukraine in die ausschließliche Einflusszone Russlands fallen“ müsse. Allein die Möglichkeit der Existenz eines Russland gegenüber feindlich eingestellten politischen Regimes auf diesem Gebiet müsse „vollständig ausgeschlossen werden“.

Das Dokument macht aus seiner imperialistischen Agenda kein Geheimnis: „Die Grenzen der russischen Welt als spirituelles, kulturelles und zivilisatorisches Phänomen sind deutlich weiter als die Staatsgrenzen sowohl der heutigen Russischen Föderation als auch des größeren historischen Russlands.“ Zur russischen Welt gehörten „alle, für die die russische Tradition, die Heiligtümer der russischen Zivilisation und die große russische Kultur den höchsten Wert und Sinn des Lebens darstellen“. Der höchste Sinn der Existenz Russlands bestehe darin, „die Welt vor dem Bösen zu beschützen“.

Dreieinigkeit des russischen Volkes

Russland müsse zu einem der führenden Zentren der multipolaren Welt werden, Integrationsprozesse vorantreiben und Sicherheit und stabile Entwicklung im gesamten postsowjetischen Raum gewährleisten, heißt es hier weiter. Die „Wiedervereinigung des russischen Volkes“, zu dem der Kongress auch die Ukrainer zählt, solle zu einer Priorität der russischen Außenpolitik werden.

Das Dokument spricht ausdrücklich von einer „Dreieinigkeit des russischen Volkes“, das „aus Großrussen, Kleinrussen und Weißrussen besteht, die Zweige eines Volkes sind“. Mit „Kleinrussen“ sind traditionell die Ukrainer gemeint, denen damit eine eigene Identität abgesprochen wird.  DT/sba

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