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Reinhardt fordert mehr Geld für Suizidprävention

Bundesärztekammerpräsident sieht Suizidprävention im Entwurf des Bundeshaushalts 2024 „nicht ausreichend berücksichtigt“.
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, appelliert an die Regierung,
Foto: Michael Kappeler (dpa) | Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, appelliert an die Regierung, Suizidprävention im Bundeshaushalt 2024 stärker zu berücksichtigen.

Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Klaus Reinhardt, hat die Fraktionen im Deutschen Bundestag dazu aufgerufen, im Bundeshaushalt 2024 deutlich mehr Mittel für die Suizidprävention in Deutschland vorzusehen. „Gemeinsam mit vielen Fachexperten der Suizidprävention sieht es die Bundesärztekammer mit großer Sorge, dass die Suizidprävention im Entwurf für den Bundeshaushalt 2024 offenbar nicht ausreichend berücksichtigt ist. Im Gegenteil scheint nicht einmal gewährleistet, dass die bisherigen Akteure und Strukturen vollständig erhalten bleiben“, so Reinhardt.

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Anfang Juli 2023 hatte die Parlamentarier in einem fraktionsübergreifend mit überwältigender Mehrheit gefassten Beschluss (Bundestagsdrucksache 20/7630) gefordert, bestehende Strukturen und Angebote der Suizidprävention finanziell zu unterstützen. Zudem soll bis Mitte 2024 eine umfassende Strategie für einen nachhaltigen Ausbau der Suizidprävention in Deutschland entwickelt werden. „Dazu ist nicht nur ein viel intensiverer Austausch mit der Ärzteschaft und den weiteren Akteuren der Suizidprävention erforderlich, als wir ihn bisher erlebt haben. Es bedarf auch ausreichender finanzieller Mittel, denn ansonsten läuft die beste Strategie ins Leere“, so Reinhardt.

Deutschland: Alle 60 Minuten nimmt sich ein Mensch das Leben

Bereits Ende Oktober hatten die in der Suizidprävention tätigen Organisationen Alarm geschlagen. Im Bundeshaushalt 2024 seien keine Mittel für die Suizidprävention eingestellt, klagte damals der Leiter des Nationalen Suizidpräventionsprogramms (NaSPro), Reinhard Lindner, auf einer Zoom-Pressekonferenz. Gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention (DGS), der Deutschen Akademie für Suizidprävention (DASP) und Anbietern niederschwelliger Suizidpräventionsangebote wie der Telefonseelsorge Deutschland, fordert die NaSPro damals mindestens 20 Millionen Euro für die Suizidprävention bereitzustellen.

Laut BÄK-Präsident Reinhardt nimmt sich in Deutschland etwa alle 60 Minuten ein Mensch das Leben. Laut dem Statistischen Bundesamt in Wiesbaden starben 2022 in Deutschland 10.119 Personen durch die eigene Hand. Das sind rund 28 Suizide pro Tag; 9,8 Prozent oder 904 Fälle mehr als im Jahr 2021 (9.215). Die Zahl der Suizidversuche liege zehn- bis zwanzigmal höher, so Reinhardt. Allein diese Zahlen, die zuletzt wieder angestiegen seien, begründe die Notwendigkeit größerer Anstrengungen in der Suizidprävention. Von besonderer Bedeutung sei die Suizidprävention aber auch vor dem Hintergrund der Debatte um die rechtliche Regelung der Suizidhilfe in Deutschland.

Reinhardt: „Eine solche Regelung ist notwendig, um den aktuellen, ungeordneten Zustand zu beenden. Ein Gesetz zur Suizidhilfe muss jedoch mit einer vorangehenden Stärkung der Suizidprävention verbunden werden. Nur so werden wir dem Selbstbestimmungsrecht und dem Schutzinteresse der Betroffenen gleichermaßen gerecht. Auch deswegen darf 2024 nicht zum verlorenen Jahr für die Suizidprävention in Deutschland werden. Der Deutsche Bundestag hat es als Haushaltsgesetzgeber in der Hand, das zu verhindern.“

Bundesgesundheitsministerium hat offenbar nur den Bundeshaushalt 2025 im Blick

Ende Oktober hatte eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums der „Tagespost“ auf Anfrage mitgeteilt, dass die Bundesregierung unter Federführung des Bundesministeriums für Gesundheit eine Nationale Suizidpräventionsstrategie (NaSuPS)“ vorbereite. Die Erarbeitung erfolge unter dem Dach des Nationalen Präventionsplans gemeinsam mit der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung und mit Unterstützung des IGES Instituts. In der Strategie würden die wichtigen Handlungsfelder Gesundheitskompetenz und Empowerment, Psychosoziale Beratung und Unterstützung, Hilfe in Krisen- und Notfallsituationen sowie Vernetzung und Koordination der Suizidprävention aufgegriffen.

Ziel der Strategie sei es, insbesondere Vorschläge zur Koordinierung und zur Vernetzung wesentlicher Strukturen der Suizidprävention zu entwickeln, um damit die notwendige Grundlage für einen weitere Verbesserung und einen Ausbau der Suizidprävention zu schaffen. Gemäß dem Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundestags sei „beabsichtigt, den Entwurf dieser Strategie dem Deutschen Bundestag bis zum April 2024 vorzulegen. Nach Vorlage der Strategie werde über weitere Schritte und „erforderlichenfalls auch haushaltswirksame Maßnahmen insbesondere mit Blick auf den Bundeshaushalt 2025 zu entscheiden sein. DT/reh

ACHTUNG: Kreisen Ihre Gedanken darum, sich das Leben zu nehmen, sprechen Sie mit anderen Menschen darüber. Es gibt zahlreiche Hilfsangebote, auch für vermeintlich aussichtslose Lebenslagen. Hier finden Sie eine Übersicht über sämtliche Hilfsangebote:

https://www.suizidprophylaxe.de/hilfsangebote/hilfsangebote/

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