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Psychische Erkrankungen unter Jugendlichen nehmen zu

Psychische Erkrankungen die häufigste Ursache für stationäre Krankenhausbehandlungen junger Menschen im Jahr 2020.
Zunahme von psychischen Erkrankungen nehmen bei Jugendlichen zu
Foto: Elmar Gubisch

Im Jahr 2020 waren psychische Erkrankungen die häufigste Ursache für stationäre Krankenhausbehandlungen junger Menschen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren. Dies teilte das statistische Bundesamt am Dienstag im Rahmen einer Themenreihe zum Europäischen Jahr der Jugend mit. Bei 147.000 der 829.400 jungen Patienten wurden psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen diagnostiziert.

Mit 18 Prozent steht diese Diagnose an der Spitze der häufigsten Ursachen für stationäre Krankenhausbehandlungen von 15- bis 24-jährigen, gefolgt von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett (15 Prozent), Verletzungen und Vergiftungen (14 Prozent) sowie Krankheiten des Verdauungssystems (zehn Prozent).

Weniger stationäre Behandlungen

Vor 15 Jahren war die Behandlung wegen psychischer Krankheiten und Verhaltensstörungen noch der dritthäufigste Behandlungsgrund. Von 2005 bis 2020 hat sich ihr Anteil an den Krankenhausbehandlungen junger Menschen von zwölf Prozent auf 18 Prozent erhöht.

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Die Zahl stationärer Behandlungen junger Menschen zwischen 15 und 24 Jahren ging im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 um rund 13 Prozent zurück. Dies ist Teil einer allgemeinen Entwicklung im Jahr 2020, da die Zahl der Krankenhausbehandlungen insgesamt etwa durch das Aussetzen nicht dringend erforderlicher Behandlungen in gleicher Höhe rückläufig war.

Häufigster Behandlungsgrund bei psychisch erkrankten jungen Menschen (23.200 Betroffene) war die sogenannte depressive Episode. Mit 19.300 Behandlungsfällen lagen durch Alkohol bedingte Behandlungen wie Folgen von Alkoholmissbrauch und akuten Alkoholvergiftungen an zweiter Stelle. Die dritthäufigste Diagnose stellten wiederkehrende depressive Störungen dar, bei denen depressive Episoden wiederholt auftreten. Diese wurden bei den 15- bis 24-jährigen in 15.300 Fällen diagnostiziert.

Psychischer Zustand von Jugendlichen durch Corona verschlechtert

Durch Studien ist allgemein bekannt, dass sich der psychische Zustand von Kindern und Jugendlichen seit der Corona-Pandemie stark verschlechtert hat. So deckte die COPSY-Studie (Corona und Psyche) vermehrt psychische und psychosomatische Auffälligkeiten junger Menschen auf. Die Längsschnittstudie des Universitätsklinikums Hamburg untersuchte während der Pandemie die Auswirkungen und Folgen der Covid-19-Pandemie auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Das Ergebnis der dritten Befragungsrunde wurde im Februar 2022 veröffentlicht. Danach wiesen etwas weniger Kinder Ängstlichkeit und depressive Symptome auf als bei den ersten beiden Befragungen. Es waren aber immer noch etwa zehn Prozentpunkte mehr als vor der Pandemie.

Aus diesem Grund hatte der 126. Deutsche Ärztetag (DÄT) Ende Mai das Thema „Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Kinder und Jugendliche“ als Schwerpunktthema gewählt.  „Kinder und Jugendliche haben während der Coronapandemie eine besondere Last zu tragen, obwohl bei ihnen eine COVID-19-Infektion meist sehr mild verläuft. Die Maßnahmen wie Kita- und Schulschließungen zum Gesundheitsschutz älterer Menschen und vulnerabler Gruppen müssen im Nachhinein in ihren Auswirkungen auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen hinterfragt werden“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) Klaus Reinhardt zu Beginn des Kongresses. Deshalb müsse den daraus resultierenden Fehlentwicklungen bei Kindern und Jugendlichen jetzt gegengesteuert werden.
 

Martin Holtmann, Direktor der LWL-Universitätsklinik Hamm, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, konstatierte ein „immer noch deutlich erhöhtes Level an psychischen Belastungen als vor der Pandemie“. Für die Zukunft müsse die Kindergesundheit mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt und die Versorgungsstrukturen entsprechend weiterentwickelt werden, forderte der Kinder- und Jugendpsychiater.  DT/chu

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Meldung Klaus Reinhardt

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