Nach Ansicht des Lateinischen Patriarchs von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, braucht es dringend eine Waffenpause im Gazastreifen. Im Gespräch mit dem Online-Portal „Vatican News“ erklärte der ranghöchste Katholik im Heiligen Land: „Man muss diese blinde Gewalt überwinden, die alle blendet, es ist Zeit, ein neues Kapitel zu öffnen und an Lösungen des Konflikts zu denken, die nichts mit Gewalt, Bomben oder Ähnlichem zu tun haben.“
Pizzaballa wies darauf hin, dass er nicht zum ersten Mal eine Feuerpause und eine Pause aller Kampfhandlungen in Gaza fordere. „Seit Oktober machen wir das ständig und ununterbrochen, so wie andere religiöse Autoritäten und an erster Stelle auch der Heilige Vater.“ Das Patriarchat stehe in ständigem Kontakt mit den Menschen in Gaza und wisse, wie die Lage dort sei: „Die Situation im Alltag wird jeden Tag dramatischer, auch unabhängig von der ganzen Gewalt“, mahnte der Kardinal.
Pizzaballa: Gibt nötige Elemente für Waffenruhe
Bereits nach der Katastrophe um einen Konvoi mit Hilfslieferungen, die zu mehr als 100 Toten führte, hatte Pizzaballa zusammen mit weiteren Kirchenoberhäuptern im Heiligen Land einen „langen und sofortigen Waffenstillstand“ gefordert. Auch wenn sich am Wochenende Delegationen der Hamas und der Vermittlerstaaten USA und Katar in Kairo zu einer weiteren Gesprächsrunde getroffen hatten, ist derzeit noch keine konkrete Einigung auf einen Waffenstillstand in Aussicht.
Gleichzeitig betonte Pizzaballa: „Die nötigen Elemente für eine mögliche Waffenruhe gibt es – und es gab sie immer. Man muss nur wollen.“ Es brauche auf allen Seiten den Willen, Kompromisse zu finden. Er habe allerdings den Eindruck, so der Lateinische Patriarch, dass eine Kompromissfindung derzeit „in greifbare Nähe“ rücke. „Zum einen, weil auch der Fastenmonat Ramadan naht, der für die Beziehungen untereinander immer ein sehr heikler Monat ist, und zum anderen, weil nach fünf Monaten auf allen Seiten eine offensichtliche Ermüdung der Situation zu spüren ist.“ Es gebe den Wunsch, etwas zu tun, „um diesem Konflikt eine andere Richtung zu geben. Ich denke, die Zeit ist reif, andere Wege einzuschlagen“.
Darüber hinaus betonte Pizzaballa, dass nach der derzeitigen Krise niemand mehr bereit sein werde für „vorübergehende Lösungen“. Beide Seiten seien dazu gezwungen, „stabile langfristige Lösungen für diesen israelisch-palästinensischen Konflikt zu finden, der in all den Jahren schon zu viele Opfer gefordert hat“. Ob dies dann auf eine Zwei-Staaten-Lösung hinauslaufe oder ob auch andere Lösungen denkbar seien, wisse er nicht. „Technisch gesehen wird auch die Zwei-Staaten-Lösung nicht einfach sein, auch wenn sie mir objektiv als die einzig mögliche erscheint“, so Pizzaballa. Klar sei, dass die Konfliktparteien Lösungen finden müssten, „die Stabilität, Freiheit und Würde für Israelis und Palästinenser garantieren“. DT/mlu
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