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Papst Leo XIV.: „Der Tod ist nicht das letzte Wort über unser Leben“

In seiner Generalaudienz deutet Papst Franziskus den Tod als Übergang zur Ewigkeit und warnt vor transhumanistischen Unsterblichkeitsversprechen.
Leo XIV.
Foto: Imago/ZUMA Press Wire | Der Papst spricht bei der Generalaudienz über Tod, Auferstehung und Hoffnung.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Morgen! Herzlich willkommen!

Das Geheimnis des Todes hat beim Menschen schon immer tiefe Fragen aufgeworfen. Tatsächlich erscheint er als das natürlichste und zugleich unnatürlichste Ereignis, das es gibt. Er ist natürlich, weil jedes Lebewesen auf der Erde stirbt. Er ist unnatürlich, weil der Wunsch nach Leben und Ewigkeit, den wir für uns selbst und für unsere Lieben empfinden, uns den Tod als eine Strafe, einen „Widersinn” erscheinen lässt.

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Viele Völker der Antike entwickelten Rituale und Bräuche im Zusammenhang mit dem Totenkult, um diejenigen zu begleiten und zu gedenken, die sich auf den Weg ins höchste Geheimnis begaben. Heute hingegen ist eine andere Tendenz zu beobachten. Der Tod scheint eine Art Tabu zu sein, ein Ereignis, das man von sich fernhalten muss; etwas, über das man nur leise spricht, um unsere Empfindlichkeit und Ruhe nicht zu stören. Aus diesem Grund vermeidet man oft auch den Besuch von Friedhöfen, wo diejenigen, die uns vorausgegangen sind, in Erwartung der Auferstehung ruhen.

Was ist also der Tod? Ist er wirklich das letzte Wort über unser Leben? Nur der Mensch stellt sich diese Frage, denn nur er weiß, dass er sterben muss. Aber dieses Bewusstsein rettet ihn nicht vor dem Tod, im Gegenteil, in gewisser Weise „beschwert“ es ihn im Vergleich zu allen anderen Lebewesen. Tiere leiden natürlich und spüren, dass der Tod naht, aber sie wissen nicht, dass der Tod Teil ihres Schicksals ist. Sie fragen sich nicht nach dem Sinn, dem Zweck und dem Ausgang des Lebens.

Angesichts dieser Tatsache sollte man meinen, dass wir paradoxe, unglückliche Wesen sind, nicht nur weil wir sterben, sondern auch weil wir die Gewissheit haben, dass dieses Ereignis eintreten wird, obwohl wir nicht wissen, wie und wann. Wir sind uns dessen bewusst und gleichzeitig machtlos. Wahrscheinlich rühren daher die häufigen Verdrängungen, die existenziellen Fluchtversuche vor der Frage des Todes.

Der pädagogische Wert des Todes

Der heilige Alfons Maria de' Liguori reflektiert in seinem berühmten Werk „Apparecchio alla morte” (Vorbereitung auf den Tod) über den pädagogischen Wert des Todes und betont, dass dieser ein großer Lehrer des Lebens ist. Das Wissen um seine Existenz und vor allem das Nachdenken darüber lehren uns, zu entscheiden, was wir wirklich mit unserem Leben anfangen wollen. Beten, um zu verstehen, was für das Himmelreich von Nutzen ist, und das Überflüssige loslassen, das uns stattdessen an vergängliche Dinge bindet, ist das Geheimnis eines authentischen Lebens in dem Bewusstsein, dass unser irdisches Leben uns auf die Ewigkeit vorbereitet.

Dennoch versprechen viele aktuelle anthropologische Vorstellungen immanente Unsterblichkeit und theoretisieren die Verlängerung des irdischen Lebens durch Technologie. Es ist das Szenario des Transhumanen, das sich am Horizont der Herausforderungen unserer Zeit abzeichnet. Kann der Tod wirklich durch die Wissenschaft besiegt werden? Aber könnte uns dieselbe Wissenschaft dann auch garantieren, dass ein Leben ohne Tod auch ein glückliches Leben ist?

Übergang zum ewigen Leben

Das Ereignis der Auferstehung Christi offenbart uns, dass der Tod nicht im Gegensatz zum Leben steht, sondern als Übergang zum ewigen Leben ein wesentlicher Bestandteil davon ist. Das Pascha Jesu lässt uns in dieser noch immer von Leiden und Prüfungen geprägten Zeit einen Vorgeschmack auf die Fülle dessen bekommen, was nach dem Tod geschehen wird.

Der Evangelist Lukas scheint dieses Vorzeichen des Lichts in der Dunkelheit aufzugreifen, als er am Ende des Nachmittags, an dem die Finsternis den Kalvarienberg eingehüllt hatte, schreibt: „ Das war am Rüsttag, kurz bevor der Sabbat anbrach“ (Lk 23,54). Dieses Licht, das den Ostermorgen vorwegnimmt, leuchtet bereits in der Dunkelheit des Himmels, der noch geschlossen und stumm erscheint. Die Lichter des Sabbats kündigen zum ersten und einzigen Mal den Anbruch des Tages nach dem Sabbat an: das neue Licht der Auferstehung. Nur dieses Ereignis ist in der Lage, das Geheimnis des Todes vollständig zu erhellen. In diesem Licht und nur in ihm wird wahr, was unser Herz begehrt und erhofft: dass der Tod nicht das Ende ist, sondern der Übergang zum vollen Licht, zu einer glücklichen Ewigkeit. 

Der Auferstandene ist uns in der großen Prüfung des Todes vorausgegangen und dank der Kraft der göttlichen Liebe siegreich daraus hervorgegangen. So hat er uns den Ort der ewigen Erquickung vorbereitet, die Heimat, in der wir erwartet werden; er hat uns die Fülle des Lebens geschenkt, in dem es keine Schatten und Widersprüche mehr gibt. 

Dank ihm, der aus Liebe gestorben und auferstanden ist, können wir zusammen mit dem heiligen Franziskus den Tod als „Schwester“ bezeichnen. Ihn mit der sicheren Hoffnung auf die Auferstehung zu erwarten, bewahrt uns vor der Angst, für immer zu verschwinden, und bereitet uns auf die Freude des ewigen Lebens vor. 

Zeugnis für Vergebung und Versöhnung

Nach der Mittwochskatechese begrüßte der Papst auch die polnischen Pilger und insbesondere die „Organisatoren und Teilnehmer“ der Konferenz „Wir vergeben und bitten um Vergebung“, die in Verbindung mit der Ausstellung „Versöhnung für Europa“ in Breslau stattgefunden hat. In diesem Zusammenhang sprach Leo XIV. vor den Pilgern auf dem Petersplatz von „der Botschaft der Versöhnung“, die „die polnischen Bischöfe vor sechzig Jahren an die deutschen Bischöfe sandten und die die Geschichte Europas veränderte.

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Die Worte dieses Dokuments – ,Wir vergeben und bitten um Vergebung‘ – mögen für die heute im Konflikt stehenden Völker ein Zeugnis dafür sein, dass Versöhnung und Vergebung möglich sind, wenn sie aus dem gegenseitigen Wunsch nach Frieden und dem gemeinsamen Engagement für das Wohl der Menschheit entstehen.“ In italienischer Sprache sprach der Papst zudem eine wieder aufgeflammte Krise in Fernost an: „Ich bin zutiefst betrübt über die Nachricht vom erneuten Ausbruch des Konflikts an der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha, bei dem auch Zivilisten zu Opfern geworden sind und Tausende von Menschen ihre Häuser verlassen mussten. Ich versichere diese lieben Menschen meiner Verbundenheit im Gebet und fordere die Konfliktparteien auf, den Waffenstillstand unverzüglich einzuhalten und den Dialog wieder aufzunehmen.“ DT/gho


Arbeitsübersetzung von Vatican News

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