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Nuntius in Damaskus hofft auf Versöhnung

Nach dem Sturz Assads fordert Kardinal Mario Zenari eine Aufhebung der Sanktionen – und hofft, dass die Rebellen zu ihren Versprechen stehen, die Christen zu respektieren.
Statue von Hafiz al-Assad
Foto: IMAGO/Juma Mohammad (www.imago-images.de) | Im ganzen Land fallen nun die Diktatoren-Standbilder - hier posieren Jugendliche in Hama auf einer umgestürzten Statue des Regimegründers Hafez al-Assad.

Nach dem Sturz des Regimes des langjährigen Syrischen Diktators Baschar al-Assad und der bislang weitgehend unblutigen Machtübernahme durch Rebellengruppen hat sich der Apostolische Nuntius in Damaskus, Kardinal Mario Zenari, vorsichtig positiv über die Lage der Christen in dem Bürgerkriegsland geäußert. „Diejenigen, die die Macht übernommen haben, haben versprochen, dass sie alle respektieren werden, aber der Weg ist noch steinig“, sagte der Kardinal am gestrigen Sonntag im Gespräch mit „Vatican News“.

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In der Millionenstadt Aleppo, die bereits vor rund einer Woche in die Hand der Rebellen um die islamistische Gruppe „Hajat Tahrir al-Scham“ (HTS) gefallen war, und auch die Heimat einer vergleichsweise großen christlichen Gemeinde ist, hätten sich die Rebellen nach den Worten von Zenari „gleich in den ersten Tagen“ mit den Bischöfen getroffen. Sie hätten „zugesichert, dass sie die verschiedenen religiösen Konfessionen respektieren werden und die Christen respektieren werden.“ Er hoffe, dass die Rebellen dieses Versprechen einhalten werden und dass sie sich „in Richtung Versöhnung bewegen werden.“ Zudem hoffe man, dass „neben der Versöhnung auch ein gewisser Wohlstand in Syrien eintreten wird, weil die Menschen es nicht mehr aushalten konnten und deshalb geflohen sind.“

Ein Al-Kaida-Mann als Hoffnungsträger?

Zenari rief in diesem Zusammenhang auch zu einer Aufhebung der Sanktionen gegen Syrien aus. Mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft und des guten Willens aller Syrer hoffe man, dass nun ein „Mindestmaß an Wohlstand für alle Menschen“ erreicht werden könne. Anders als zuvor, als es der einzige Wunsch der jungen Leute gewesen sei, zu fliehen, hoffe man nun, dass „die Tür zur Hoffnung geöffnet wird“. Gegenüber den zukünftigen Machthabern warb Zenari um Vertrauen: „In der Hoffnung, dass diejenigen, die die Macht übernommen haben, ihr Versprechen einhalten und ein neues Syrien auf demokratischer Grundlage schaffen, wird hoffentlich auch die internationale Gemeinschaft reagieren, vielleicht durch Aufhebung der Sanktionen. Denn sie waren eine solche Belastung, vor allem für die arme Bevölkerung. Deshalb möchte ich hoffen, dass die Sanktionen nach und nach aufgehoben werden.“

Eine relative Entwarnung angesichts der Machtübernahme der Islamisten kam am Sonntag auch vom katholischen Hilfswerk missio Aachen. Von deren Projektpartnern in Aleppo, Homs und Damaskus sei bisher nicht über Gewalt gegen die christliche Minderheit berichtet worden. Die handstreichartige Übernahme der Rebellen auch in Siedlungsgebieten religiöser Minderheiten wie Alawiten, Christen oder Drusen überraschte viele Beobachter, zumal sich in der Vergangenheit etwa Christen nicht immer gegen das Regime gestellt hatten. Noch 2018 hatte etwa der syrisch-katholische Patriarch Mar Ignatius Joseph III. Younan gegenüber der Tagespost gesagt, man müsse „mit der Regierung in Dialog treten“, und dass es „heuchlerisch“ von westlichen Politikern sei, das Regime zu beschuldigen, für die hunderttausenden Toten des „konfessionellen, sektiererischen Bürgerkriegs“ verantwortlich zu sein. Die HTS um Ihren Anführer Abu Muhammad al-Dschaulani, die die Offensive begonnen hatte, die nun zum Sturz Assads geführt hat, wurde in der Vergangenheit von zahlreichen westlichen Staaten als Terrororganisation eingestuft; al-Dschaulani selbst hatte die „Al-Nusra-Front“, aus der die HTS später hervor ging, als syrischen Ableger von Al-Kaida gegründet. Mittlerweile wird ihr allerdings vielfach Mäßigung attestiert. (DT/jra)

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