Es war einmal – die Zeiten, in denen die SPD als die NRW-Partei auftrumpfte und im Ruhrgebiet auch der sprichwörtliche Besenstiel als Kandidat gewählt wurde, wenn er denn nur rot war, sind schon lange in märchenhafte Ferne gerückt. Allerdings geben sich die Sozis immer noch gerne dem Rausch der Vergangenheit hin und setzen auf „Mehr Schein als Sein“.
Das ist aber nun endgültig Geschichte. In Gelsenkirchen und in Duisburg, ehemaligen Hochburgen par excellence, müssen sich die SPD-Kandidaten nun in einer Stichwahl mit ihren AfD-Konkurrenten messen. Eine sehr kalte Dusche für die SPD. Freilich nicht die erste, aber wenn die Partei jetzt nicht endlich Konsequenzen zieht, wird die nächste nicht mehr nur kalt, sondern eisig sein.
Die Kommunen müssen die Fehler in der Migrationspolitik ausbaden
Das weiß zum Beispiel der Duisburger Oberbürgermeister Sören Link. Der Sozialdemokrat hat seiner Bundespartei schon öfter die Leviten gelesen. Jetzt hat er nachgelegt und noch einmal die Probleme drastisch beschrieben, wie die Kommunen die Fehler in der Migrationspolitik ausbaden müssen. Ob seine Duisburger Genossin Bärbel Bas, die ja immerhin Parteivorsitzende ist, das versteht?
Link versucht mit so einer Volte natürlich auch, Stimmen von der CDU für die Stichwahl leichter zu sich herüber zu ziehen. Es wird spannend werden, wie die schwarzen Wähler sich in Gelsenkirchen und Duisburg entscheiden werden. Machen sie bei dem Roten ihr Kreuz oder stimmen sie für den AfD-Mann? Der Duisburger Sozi Link ist ein Beispiel dafür, dass die Rathäuser ein Biotop des Pragmatismus sind. Gerade das aber könnte auch manchen Wähler zu der Überlegung bringen, dem jeweiligen AfD-Kandidaten eine Chance zu geben. Wäre ein blauer OB nicht gezwungen, sich dem Konkreten zuzuwenden und jenseits der Ideologie der Stadt Bestes zu suchen? Und könnte aus so einem pragmatischen blauen Bürgermeister-Flügel nicht eine realpolitische Bastion werden, die auch in der Gesamt-Partei eine Größe wäre?
Richtig abgestürzt sind die Grünen. Konnten sie sich nach den letzten Wahlgängen durchaus Hoffnung machen, langfristig in dem Bundesland zur stabilen Nummer zwei zu werden, sind sie jetzt jenseits der Hochburgen der Bionade-Bourgeoisie, den Uni-Städten Münster und Bonn, auf ihr altes Normalmaß zusammengeschrumpft. In die Stichwahl ziehen sie dort allerdings auch, in Münster und Bonn gibt es jeweils ein schwarz-grünes Duell.
Hendrik Wüst fährt mit seiner CDU eine erfolgreiche Taktik
Nicht zuletzt dieses Beispiel zeigt, dass Hendrik Wüst mit seiner CDU eine erfolgreiche Taktik fährt. Er muss ein sehr heterogenes Land, viele sprechen von der „kleinen Bundesrepublik“, mit seiner Union abdecken, die er als Volkspartei der Mitte an den Wähler bringen will. Landesweit hat seine Partei respektable 33,3 Prozent erzielt. Dazu gehört eben auch, in den besagten Uni-Städten in die Stichwahl zu kommen, gleichzeitig aber auch am Niederrhein und im Münsterland die schwarze Stammwählerschaft abzuholen.
In der schwarz-grünen Koalition kann Wüst jetzt jedenfalls gegenüber dem nun deutlich abgewatschten kleineren Koalitionspartner selbstbewusst auftreten. Denn: Dieses Ergebnis hat seine Partei nur erzielen können, weil ehemalige Grünen- und SPD-Wähler nun bei Wüsts CDU ihr Kreuz gemacht haben. Der Wandel vom ehemals eher konservativen Jungpolitiker hin zum netten Herrn Wüst mit Schwiegersohnqualität hat dem Ministerpräsidenten machtpolitisch jedenfalls nicht geschadet.
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