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Mike Johnson: Gottesfürchtiger Trump-Loyalist

Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses ist überzeugter Konservativer, vom evangelikalen Glauben geprägt und wird geschätzt von Donald Trump.
Mike Johnson, der neue Sprecher des US-Repräsentantenhauses
Foto: IMAGO/Eric Kayne (www.imago-images.de) | Anders als Donald Trump, dessen politischen Handlungen mehr Opportunismus denn Überzeugung zugrunde lag, vertritt Johnson entschieden konservative Positionen.

Wenn drei sich streiten, freut sich der vierte: Nachdem prominentere Republikaner vor ihm gescheitert waren, ist es dem bislang eher unbekannten Mike Johnson gelungen, die republikanische Fraktion im Repräsentantenhaus hinter sich zu vereinen und zum neuen Sprecher der unteren Kongresskammer gewählt zu werden. 

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Den 51-jährigen Abgeordneten aus Louisiana hatten anfangs wohl nicht viele auf dem Schirm, wenn es um die Frage ging, wer in Zukunft den traditionellen Holzhammer des Sprechers schwingen darf. Am Ende dürfte wohl auch der Druck entscheidend gewesen sein, inmitten der innen- wie außenpolitisch stürmischen Zeiten endlich wieder Handlungsfähigkeit herzustellen.

Johnson unterstützt Amtsenthebungsverfahren gegen Biden

Um gewählt zu werden, musste Johnson eigentlich ein kleines Kunststück vollbringen. Denn bislang scheiterten die einen daran, dass sie dem äußeren rechten Flügel der Republikaner zu moderat waren, die anderen daran, dass sie den Moderaten zu radikal waren. Ausgerechnet Johnson, den man am rechten Rand der Fraktion verorten kann, ist es nun gelungen, diese Hürde zu nehmen.

Egal, ob es nun um Lösungen für innenpolitische Herausforderungen oder die eskalierende Weltlage geht: Johnson wird nicht umhin kommen, in irgendeiner Weise mit US-Präsident Joe Biden und den Demokraten im Repräsentantenhaus zusammenzuarbeiten. Wird er dazu bereit sein?

Hilfe für Israel, das sich im Krieg gegen die radikalislamische Hamas befindet, dürfte dabei das geringste Problem darstellen: Im Interview mit dem Sender „Fox News“ kündigte Johnson am Donnerstag an, „eine eigenständige Finanzierungsmaßnahme für Israel in Höhe von über 14 Milliarden Dollar vorlegen“ zu wollen. Noch am Tag von Johnsons Wahl verabschiedeten die Abgeordneten eine Resolution, in der sie dem angegriffenen Land ihre Solidarität und Unterstützung versprachen. Anders dürfte es in Sachen Ukraine aussehen. Hier äußerte Johnson Bedenken gegenüber finanzieller und militärischer Hilfe – diese macht jedoch das Gros des 105 Milliarden US-Dollar schweren Hilfspakets aus, um dessen Freigabe Biden den Kongress gebeten hat. Rundheraus abgelehnt hat der Republikaner Unterstützungsmaßnahmen allerdings nicht – man wolle aber wissen, „was das Ziel ist“, sagte er. 

Ganz grundsätzlich wird es spannend sein zu beobachten, wie Johnson, der seit 2017 im Repräsentantenhaus sitzt, mit Biden umgeht. Denn noch vor wenigen Wochen unterstützte er ein Amtsenthebungsverfahren gegen den amtierenden Präsidenten aufgrund angeblicher korrupter Machenschaften des Demokraten in der Ukraine. Dazu kommt, dass Johnson eine führende Rolle in Trumps Komplott spielte, Bidens Wahlsieg 2020 zu kippen. Im Repräsentantenhaus sammelte er zunächst Unterstützung für einen Plan, das Wahlergebnis juristisch anzufechten. Am berüchtigten 6. Januar 2021 stimmte er dagegen, Biden als Gewinner der Wahlen zu zertifizieren. Als gegen Trump im Jahr 2020 zum ersten Mal ein Amtsenthebungsverfahren stattfand, zählte der Jurist Johnson zum Verteidiger-Team des damaligen Präsidenten. Dass Johnson die volle Unterstützung Trumps genießt, ist daher kaum verwunderlich. Wie eng Johnsons Loyalität zu Trump ist, wird auch in seinem Spitznamen deutlich: „MAGA-Mike“ – das Kürzel für Trumps Politik des „Make America Great Again“.  

Überzeugter Abtreibungsgegner

Anders jedoch als Trump, dessen politischen Handlungen mehr Opportunismus denn Überzeugung zugrunde lag, vertritt Johnson entschieden konservative Positionen. Etwa beim Lebensschutz: So stimmte er in der Vergangenheit für ein bundesweites Abtreibungsverbot ab der 15. Schwangerschaftswoche und unterstützte auch einen Entwurf, der Abtreibungen ab der 20. Schwangerschaftswoche verboten hätte. Die Lobby-Organisation „Susan B. Anthony Pro-Life America“ bewertet seine Haltung mit der Note „A-Plus“. 

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Letztes Jahr brachte Johnson zudem ein Gesetz im Kongress ein, das verbieten sollte, dass Steuergelder für Bildungsinhalte verwendet werden, durch die Kinder unter zehn Jahren mit den Themen Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung in Berührung kommen. Ein Gesetz, mit dem der Kongress im vergangenen Jahr gleichgeschlechtliche Eheschließungen anerkannte, lehnte er ab. In älteren Zeitungsartikeln Johnsons, die mehrere US-Medien nun wieder zutage förderten, nannte er Homosexualität „an sich unnatürlich“ und einen „gefährlichen Lebensstil“. 

Diese deutliche Positionierung in gesellschaftspolitischen Fragen, mit der er nicht immer die Mehrheitsmeinung seiner Partei vertritt, begründet Johnson auch aus seinem Glauben heraus: Der verheiratete Familienvater von vier Kindern ist tief gläubiger evangelikaler Christ und gehört der Kirche der „Southern Baptists“ an. Welch bedeutende Rolle der Glaube in seinem Leben spielt, unterstrich Johnson gleich in seiner ersten Rede als neuer Sprecher im Repräsentantenhaus: „Ich glaube, dass jeder von uns heute eine große Verantwortung hat, die Talente zu gebrauchen, die Gott uns gegeben hat, um dem außerordentlichen Volk dieses großartigen Landes zu dienen“, erklärte er. Zudem zitierte er auch den britischen katholischen Schriftsteller G.K. Chesterton: Dieser habe gesagt, Amerika sei die einzige Nation auf der Welt, die auf einem Bekenntnis zu Gott gegründet sei. Dass seine Frau nicht anwesend sein konnte, als er den Hammer des Sprechers übernahm, begründete er mit den Worten: „Sie hat die vergangenen Wochen auf ihren Knien zu unserem Herrn gebetet.“ Daher sei sie „ein wenig erschöpft“.

Ehemaliger Anwalt für ADF

Johnson wurde 1972 in der Stadt Shreveport in Louisiana geboren. Sein Vater, ein Feuerwehrmann, wurde im Einsatz schwer verletzt, als Johnson zwölf Jahre alt war. Er sollte der erste in der Familie sein, der einen Universitätsabschluss erlangte – zunächst in Betriebswirtschaft, später in Rechtswissenschaften. Ehe er in der Politik ging, arbeitete Johnson als Anwalt für die christliche Menschenrechtsorganisation „Alliance Defending Freedom“ (ADF). Seine Rede am Mittwoch schloss er mit den Worten: „Amerikas beste Tage liegen noch vor uns.“

Um diese Worte wahr werden zu lassen, muss Johnson, in der Rangfolge nun der dritthöchste Politiker im Staat, in den nächsten Wochen und Monaten auch mit Taten überzeugen. Immerhin hebt er sich in seinem Wesen von Trump oder anderen Republikanern vom rechten Rand, die nur auf Chaos aus sind, ab: Weggefährten schildern ihn als stets freundlich, umgänglich und bereit, auch der Gegenseite zuzuhören. Daraus speist sich die Hoffnung, dass mit Mike Johnson als Sprecher doch Kompromisse möglich sind, um die USA trotz aller Turbulenzen wieder in ruhigere Fahrwasser zu bringen. 

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