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Macron plant Ausweitung aktiver Sterbehilfe in Frankreich

Ein entsprechender Gesetzentwurf soll im Mai in erster Lesung debattiert werden. Der Vorsitzende der französischen Bischöfe übt Kritik.
Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron
Foto: IMAGO/Thomas Padilla (www.imago-images.de) | Macron sprach in seinem Interview von einem „Gesetz der Brüderlichkeit“, das „die Autonomie des Individuums mit der Solidarität der Nation versöhnt“. 

In Frankreich soll aktive Sterbehilfe bald möglich sein – wenn auch unter Auflagen. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron kündigte in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit den Zeitungen „LaCroix“ und „Libération“ für April einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Sterbehilfe an, der im Mai in erster Lesung debattiert werden soll. 

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Der Entwurf sehe die Möglichkeit vor, unter bestimmten Bedingungen aktive Sterbehilfe, also die direkte Herbeiführung des Todes, in Anspruch zu nehmen: Die betroffene Person müsse volljährig sein und unter einer unheilbaren tödlichen Krankheit leiden. Einschränkungen der Urteilsfähigkeit, etwa durch psychische Erkrankungen, seien auszuschließen. Die Krankenversicherung solle für den Prozess der individuellen Prüfung und Durchführung aufkommen. 

Vor einem Jahr hatte sich ein von Staatspräsident Macron berufener Bürgerkonvent die Öffnung der geltenden Gesetzgebung hin zum assistierten Suizid und der Euthanasie ausgesprochen. Der Begriff, für den sich die Regierung nun entschieden hat, ist die „Sterbehilfe“, laut Macron ein einfacher, menschlicher und gut definierter Begriff. Sterbehilfe sei weder mit Euthanasie – der „Beendigung eines menschlichen Lebens mit oder ohne dessen Zustimmung“ – gleichzusetzen, noch schaffe er ein neues Recht, frei und bedingungslos über das eigene Leben zu verfügen. Stattdessen handele es sich um ein „Gesetz der Brüderlichkeit“, das die „Autonomie des Einzelnen und die Solidarität der Nation miteinander in Einklang bringt.

Bislang nur Sedierung kurz vor erwartetem Tod erlaubt

Macron zitierte aus dem Entwurf: „Die Verabreichung der tödlichen Substanz erfolgt durch die Person selbst oder, wenn diese physisch nicht in der Lage ist, dies zu tun, auf ihre Anfrage hin entweder durch eine freiwillige Person, die sie benennt, wenn keine technischen Hindernisse dies verhindern, oder durch den begleitenden Arzt oder Krankenpfleger.“ Die bisherige gesetzliche Regelung erlaubt lediglich die Sedierung kurz vor dem erwarteten Tod und in seltenen Fällen die Einstellung der Behandlung. 

Der Entwurf befasse sich auch mit der Palliativmedizin, so Macron weiter. Im Rahmen einer „Jahrzehntstrategie“, die Ende März vorgestellt werden solle, sei geplant, diesbezügliche staatliche Investitionen um eine Milliarde zu erhöhen, um die Einrichtung von Kliniken sowie die Ausbildung und Unterstützung von Fachkräften zu gewährleisten. Aus dem Palliativressort sei die Sorge zu vernehmen gewesen, der neue Gesetzesentwurf ziele auf Verdrängung der Sterbebegleitung bis zum natürlichen Tod ab.

Macron sprach von "Gesetz der Brüderlichkeit"

Nach der Positionierung der Religionen gefragt sagte Macron: „Ich habe mit den Verantwortlichen aller Religionen gesprochen, aber auch mit Vertretern aller philosophischen Richtungen, mit engagierten Akteuren, Vereinen und Akteuren der Palliativpflege. In diesen Gesprächen habe ich die berechtigte Befürchtung wahrgenommen, dass dem Leben ein Wert zugewiesen wird, dass angedeutet wird, es gebe Leben, die nutzlos geworden sind. Nein, niemals. Ich glaube, dass der Text Unklarheiten beseitigt, aber es ist Sache der Religionen, sich dazu zu äußern.“

Der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz und Erzbischof von Reims, Éric de Moulins-Beaufort, erhob scharfe Kritik: „Einen Text, der sowohl den assistierten Suizid als auch die Euthanasie eröffnet, als ,Gesetz der Brüderlichkeit‘ zu bezeichnen, ist eine Täuschung.“ Macron hatte in seinem Interview von einem „Gesetz der Brüderlichkeit“ gesprochen, das „die Autonomie des Individuums mit der Solidarität der Nation versöhnt“.  DT

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