Ecuadors amtierender Präsident Daniel Noboa hat die Stichwahl am Sonntag deutlich gewonnen. Laut dem Nationalen Wahlrat (CNE) erhielt er 55,92 Prozent der Stimmen, während seine Gegnerin Luisa González von der correístischen Partei „Bewegung bürgerliche Revolution“ (Movimiento Revolución Ciudadana) 44,08 Prozent erreichte. Bei einer Wahlbeteiligung von rund 83 Prozent wurde Noboa nach Auszählung von fast 95 Prozent der Stimmen zum Sieger erklärt.
Der Präsident, der bereits 2023 bei vorgezogenen Neuwahlen gegen González gewonnen hatte, sicherte sich nun ein volles Mandat für den Zeitraum 2025 bis 2029. Der deutliche Vorsprung vor Gonzáles kam überraschend, da beide Kandidaten im ersten Wahlgang nahezu gleichauf lagen.
Kontrahentin González erkennt Wahlergebnis nicht an
Noboas Kontrahentin González erkennt das Wahlergebnis jedoch nicht an. Sie sprach von Unregelmäßigkeiten, forderte eine Nachzählung und zweifelte die Transparenz des Wahlprozesses an. Unterstützung erhält sie weiterhin vom wegen Korruption verurteilten und in Belgien im Exil lebenden Ex-Präsidenten Rafael Correa, dessen politische Bewegung damit zum dritten Mal in Folge eine Präsidentschaftswahl verlor.
Die Wahl stand unter dem Eindruck wachsender Gewalt im Land. Präsident Noboa hatte kurz vor dem Wahltag einen teilweisen Ausnahmezustand ausgerufen. Die Kriminalität, insbesondere durch rivalisierende Drogenbanden, stellt eine zentrale Herausforderung für Ecuador dar, das in den vergangenen Jahren dramatisch an innerer Sicherheit verloren und in Sachen Gewalt sogar Länder wie Mexiko und Kolumbien überholt hat. Noboa regierte mit harter Hand: Ausnahmezustände, verstärkte Polizeieinsätze und Gefängniskontrollen führten zu einem Rückgang der Morde um 18 Prozent sowie einem Anstieg der beschlagnahmten Drogenmengen von 188 auf 250 Tonnen im Jahr 2024.
Inhaltlich standen sich zwei unterschiedliche politische Konzepte gegenüber: González setzte auf staatliche Intervention, Sozialprogramme, Subventionen sowie eine Nähe zu autoritären Regimen wie Venezuela. Noboa hingegen präsentierte sich als moderner Reformer mit Fokus auf Bildung, Sicherheit und Technologieeinsatz, etwa durch KI zur Kriminalitätsbekämpfung.
Verpflichtung für Kindheit, Leben und Familie
International wurde Noboas Sieg rasch anerkannt. Glückwünsche kamen unter anderem von der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), mehreren Staatschefs Lateinamerikas sowie US-Politikern. Der Präsident pflegt enge Beziehungen zu den USA, insbesondere zu republikanischen Kreisen. Er strebt an, ecuadorianische Drogenbanden als terroristische Organisationen einzustufen – ein Schritt, der eine engere militärische Zusammenarbeit mit den USA ermöglichen könnte.
Beide Kandidaten hatten vor der Wahl eine „Öffentliche Verpflichtung für Kindheit, Leben und Familie“ unterzeichnet, in der sie sich zur Verteidigung der Grundwerte bekannten. Darin sprachen sie sich auch für den Schutz des Lebens „von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod“, für die Anerkennung des Rechts der Eltern, ihre Kinder gemäß ihrem Glauben und ihren Überzeugungen zu erziehen, sowie für den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor der Gender-Ideologie an Schulen und gegen Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare aus.
Diese Verpflichtung wurde nach Treffen mit Vertretern der katholischen, orthodoxen und evangelischen Kirche sowie mit indigenen evangelischen Führern unterzeichnet. Darüber hinaus beauftragte Noboa das Unterstaatssekretariat für soziale Bewegungen mit der Aufgabe, die Familie im Land zu stärken und zu schützen.
Pro USA, pro Freihandel, investorenfreundlich
Der ecuadorianische Analyst Sebastián Hurtado, Präsident des politischen Risikoberaters „Profitas“, erwartet in wirtschaftlicher Hinsicht eine Fortsetzung der bisherigen Linie: pro USA, pro Freihandel und investorenfreundlich. Hurtado weist darauf hin, dass sich Ecuador seit 2019 in einer Phase erheblicher politischer Instabilität befindet: „Seitdem haben wir im Wesentlichen mit Übergangsregierungen gelebt oder mit solchen, die ihre Amtszeit nicht beenden konnten.“ Diese ständige Instabilität könnte nun zu einem Ende kommen: Angesichts der starken parlamentarischen Unterstützung, die beide Parteien bei den Wahlen im Februar erhalten haben – 66 Sitze für Noboas Partei, 67 für González‘ Partei in einer Versammlung von 151 Abgeordneten – wird laut Hurtado die politische Stabilität voraussichtlich zunehmen.
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