María Corina Machado trat am Donnerstag in Oslo erstmals wieder öffentlich auf, nachdem ihre Tochter am Vortag in ihrem Namen den Friedensnobelpreis entgegengenommen hatte. Zu Beginn ihrer Ansprache im Grand Hotel dankte Machado den Anwesenden, besonders dem gewählten Präsidenten Venezuelas, Edmundo González, und dessen Frau. Ihre Anwesenheit sei nur durch die Unterstützung vieler Menschen möglich gewesen, sagte die Oppositionsführerin, die seit fast einem Jahr im Untergrund lebt und unter hohem Risiko heimlich aus Venezuela ausgereist war.
Machado hob die Bedeutung internationaler Bündnisse hervor. Venezuela brauche jetzt „die Unterstützung der Demokratien dieser Welt“. Einige europäische Regierungen nähmen die Lage nicht klar genug wahr, kritisierte sie. Auf die Frage, ob die USA ihr bei der Flucht geholfen hätten, antwortete sie knapp: „Ja.“ Spekulationen über Strategien anderer Staaten wies sie zurück.
Symbol des friedlichen Widerstands
Sie erinnerte daran, dass sie den Diplomaten Edmundo González Urrutia unterstützt habe, der laut unabhängigen Beobachtern die Präsidentschaftswahl 2024 gewann. Die Wahlbehörde erklärte jedoch Nicolás Maduro ohne Veröffentlichung der Ergebnisse zum Sieger. Internationale Forderungen nach einer Überprüfung der Wahl blieben erfolglos. Für das Nobelkomitee wurde die 58-jährige Machado durch ihr Bleiben im Land zum Symbol friedlichen Widerstands.
Emotional berichtete Machado von ihrem Wiedersehen mit ihren Kindern nach der Ankunft in Oslo. Sie erinnerte an Millionen Venezolaner im Exil und an Familien, die durch politische Verfolgung auseinandergerissen wurden. Internationale Organisationen hätten die Gewalt des Maduro-Regimes als Staatsterrorismus eingestuft.
Politisch fordert Machado einen institutionellen Neuaufbau nach dem Ende des Chavismus. Justiz, Wirtschaft und Sicherheit seien „zerstört“, Vertrauen müsse schnell wiederhergestellt werden, um Investitionen zu ermöglichen. „Wir haben die Pläne und bereiten die Teams vor“, sagte sie. Ihre Rückkehr nach Venezuela solle erfolgen, „sobald die Bedingungen gegeben sind“.
Wachsende Spannungen zwischen den USA und Venezuela
Der Friedensnobelpreis gehöre „30 Millionen Venezolanern“, betonte Machado. Ihre Flucht – verkleidet, unter Umgehung mehrerer Militärkontrollen und samt einer Überfahrt in einem einfachen Fischerboot – stehe für den Mut vieler Bürger. „Ich musste heute hier sein“, sagte sie. In Norwegen bewundere sie die politische Kultur der offenen und respektvollen Auseinandersetzung. In Venezuela habe das Aussprechen der Wahrheit oft einen hohen Preis.
Die Zeremonie fand vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen den USA und Venezuela statt. Washingtons Operation „Southern Spear“, offiziell gegen den Drogenhandel gerichtet, umfasst seit August 2025 Kriegsschiffe, Drohnen und Luftangriffe in der Karibik. Die USA stufen das venezolanische „Kartell der Sonnen“, in das höchste Regierungskreise verstrickt sein sollen, als Terrororganisation ein. Zwar wird über eine Eskalation spekuliert, doch gilt die Operation nicht als Vorbereitung einer klassischen Invasion. Dennoch hat die militärische Präsenz zu neuen Spannungen in der Region geführt.
Eine militärische US-Intervention lehnt Machado allerdings ab; die venezolanische Gesellschaft strebe einen friedlichen Übergang an. Maduro hingegen habe „den Venezolanern den Krieg erklärt“ und stütze sich auf autoritäre Verbündete wie Kuba, Russland und den Iran sowie Terrorgruppen wie die Hamas und die Hisbollah. Die internationale Gemeinschaft müsse daher illegale Geldflüsse an das Regime unterbinden.
María Corina Machado versicherte, den Nobelpreis nach Venezuela zurückzubringen, auch wenn sie zuvor weitere europäische Länder besuchen wolle, um Unterstützung zu gewinnen. Sie unterstützte den Druck, den Präsident Trump auf das Maduro-Regime ausübt – denn nur so, so ihre Einschätzung, könne es letztlich fallen.
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