In Wien wurde ein Terroranschlag auf Besucher von Taylor-Swift-Konzerten verhindert. Das ist zunächst eine gute Nachricht, auch wenn die Absage der drei Konzerte – durch die Veranstalter, nicht durch Polizei oder Regierung – für die knapp 200.000 angereisten Taylor-Swift-Fans traurig und frustrierend sein mag. Jetzt aber gilt es, aus dem versuchten Terroranschlag und seinen Details Konsequenzen zu ziehen.
Verhaftet wurden in Österreich ein 19-jähriger IS-Anhänger und ein 17-Jähriger. Das entspricht laut Experten einem Muster: Der islamistische Terror wird jünger! Zwei Drittel der seit Oktober 2023 in Westeuropa wegen islamistischem Terror Verhafteten sind unter 19 Jahre alt. Es geht – mitten in einer demografisch rasch alternden Gesellschaft – also um ein Jugend-Phänomen, nicht nur um einen „Clash“ der Zivilisationen, sondern auch der Generationen.
Damit hängt zusammen, wie die Radikalisierung mittlerweile erfolgt, nämlich über TikTok, Telegram & Co. Bereits vor einem Jahrzehnt klagten alteingesessene Muslime in Bosnien, die Radikalisierung der Jugend ihres Landes komme längst nicht mehr aus den islamischen Ländern des Orients, sondern aus Deutschland und Österreich: mittels salafistischer Youtube-Videos. Der nun verhaftete und umfassend geständige 19-Jährige ist ein typischer Fall: Er ist kein Migrant, sondern in Österreich geboren, österreichisch-mazedonischer Doppelstaatsbürger und bis vor wenigen Monaten verhaltensunauffällig. Radikalisiert hat er sich nicht im Orient, sondern im Internet.
Keine rechtsfreien Räume zulassen
Von „TikTok-Dschihadisten“ sprechen Experten mittlerweile. Der Staat muss deshalb in den Blick nehmen, was auf Telegram, TikTok & Co. abgeht. Mehr noch: Es darf auch im Internet keine rechtsfreien Räume geben. Das klingt zunächst nach einer bedrohlichen Einschränkung unserer Freiheit, doch kann es eine freie Gesellschaft nur geben, wenn der Staat ihre Sicherheit garantiert. Wer Freiheit für terroristisches Gedankengut und hemmungslose Gewaltfantasien fordert, verwechselt Freiheit mit Anarchie.
Signifikant ist am Wiener Fall auch, dass die österreichischen Behörden nur durch einen Hinweis befreundeter Geheimdienste auf die Terrorgefahr aufmerksam wurden. Das liegt zunächst an der unzureichenden österreichischen Rechtslage, die eine Überwachung von Messengerdiensten verbietet. Generell aber gilt: Die dem Terror zugeneigte salafistische Szene agiert – offline wie online – grenzüberschreitend und globalisiert.
Mit nationaler Geheimdienst- und Polizeiarbeit einer transnationalen Szene auf die Spur kommen zu wollen, ist etwa so aussichtsreich, wie mit Schwertern und Hellebarden gegen eine Panzerarmee anzutreten. Es braucht also transnationale Spezialeinheiten, die sich der Terrorprävention und der Terrorismusbekämpfung mit modernen Mitteln widmen. Am besten wäre ein europäischer Geheimdienst mit klar umrissenem Mandat.
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